Nach dem Angriff auf Israel – Stimmen aus Jugendarbeit und Gesellschaft
**English version below**
Bereits wenige Tage nach den Angriffen der Hamas auf Israel lud ConAct Fachkräfte im Deutsch-Israelischen Jugendaustausch zu einer aktuellen Stunde mit Partner*innen vom Verband der Israelischen Jugendbewegungen ein. Hierbei wurden der Bedarf und das Interesse deutlich, in dieser Krisenzeit im engen Austausch miteinander und mit ConAct zu stehen und Stimmen aus Israel zu hören. Vor diesem Hintergrund finden in diesen Wochen eine Reihe digitaler Angebote von ConAct mit Menschen aus der israelischen Jugendarbeit und Gesellschaft statt.
Am 21. März setzte ConAct die Gesprächsreihe mit Keren Pardo fort. Sie ist Leiterin der internationalen Abteilung der Kibbuzbewegung in Israel mit dem Kibbutz Movement Volunteers Program Center (KPC), das für das Freiwilligenprogramm zuständig ist. Mit der Freiwilligenarbeit im deutsch-israelischen Kontext ist Keren Pardo zudem durch das Programm Kom-Mit-Nadev eng vertraut, das sie von 2010 bis 2013 koordinierte.
Zu Beginn des Gesprächs vermittelte Keren einen kurzen historischen Überblick über die Kibbuzbewegung in Israel. Analog zu anderen Organisationen und Bewegungen reicht auch die Geschichte der Kibbuzim weit in die Zeit vor die Staatsgründung zurück. Die seit 1999 durch den Zusammenschluss verschiedener Dachverbände entstandene Kibbuzbewegung repräsentiert heute 273 Kibbuzim mit 120.000 Einwohner*innen. Auch wenn gesellschaftlicher und politischer Einfluss der Kibbuzbewegung über die Jahrzehnte abnahm und heute nur noch 1,5 % der Bevölkerung in den Kibbuzim lebt, so sind die Kollektivsiedlungen immer noch für die Hälfte der landwirtschaftlichen Erzeugnisse und ein Zehntel der industriellen Produktion Israels verantwortlich.
Der Terrorangriff vom 7. Oktober traf die Kibbuzim besonders verheerend. Allein 22 der Gemeinschaften in der Nähe zum Gazastreifen wurden an diesem Tag angegriffen, mehr als 300 Bewohner*innen ermordet und viele weitere entführt. Dadurch wurden nicht nur Menschenleben ausgelöscht und Wohnorte von einzigartiger Schönheit zerstört, sondern auch intakte soziale Gemeinschaften auseinandergerissen.
Da infolge der Raketenangriffe der Hisbollah auch 26 Kibbuzim in der Nähe der Grenze zum Libanon evakuiert werden mussten, wurden mehr als 60.000 Menschen aus diesen Gemeinschaften zu Flüchtlingen im eigenen Land. Die meisten von ihnen konnten in den intakten Kibbuzim in sichereren Teilen des Landes aufgenommen werden. Bestehende Evakuierungspläne waren bei der Verteilung der Evakuierten hilfreich.
Rasch wurde die Hilfe von unzähligen Freiwilligen koordiniert, ein Spendenfonds eingerichtet und ein Logistikcenter aufgebaut. Auf diesem Wege konnten die Evakuierten mit Gütern des täglichen Bedarfs ausgestattet werden. Auch die Felder konnten durch den Einsatz von Freiwilligen zum Teil weiter bewirtschaftet werden. Provisorische Bildungseinrichtungen helfen zudem bei der Beschulung der Kinder und Jugendlichen.
Die Solidarität zwischen den einzelnen Kibbuzim wird auch den Wiederaufbau der zerstörten Siedlungen ermöglichen. Die Planungen dafür laufen derzeit. Dabei kommt es nicht nur auf die finanzielle Unterstützung, sondern auch auf das Empowerment der Mitglieder an, um das soziale Gefüge und die Leitungsstrukturen wieder zu errichten. Das KPC plant zudem die Einrichtung von kurzfristigen Freiwilligenprogrammen, die den Wiederaufbau unterstützen sollen.
Ein Hoffnungsschimmer in schweren Zeiten waren auch die vielen Nachrichten, Solidaritätsbekundungen und Hilfsangebote von ehemaligen Freiwilligen. Diese zeigen, wie prägend und nachhaltig die Erfahrungen im Rahmen des Freiwilligendienstes sind.
Keren Pardo endete mit einem Appell an die teilnehmenden Austauschfachkräfte, nach Israel zu kommen, um sich selbst ein Bild von der Situation zu machen und Solidarität zu bekunden.
Weitere Informationen zum Freiwilligenprogramm: https://kibbutzvolunteers.org.il/
- Video über die Auswirkungen des Angriffs vom 7. Oktober, die Anstrengungen der Kibbuzbewegung zur Unterbringung und Versorgung der Evakuierten sowie zu den Visionen für den Wiederaufbau: https://www.youtube.com/watch?v=WEpJcVwKU80
Sie haben ein Gespräch verpasst? Alle Berichte zu unserer Gesprächsreihe finden Sie hier im Überblick:
Israel nach dem 7. Oktober – Stimmen aus Jugendarbeit und Gesellschaft
**English version**
Just a few days after the Hamas attacks on Israel, ConAct invited experts in German-Israeli youth exchange to a live discussion with partners from the Council of Youth Movements in Israel. At the meeting, it became clear that there was a need and interest in maintaining a close exchange with each other and with ConAct during this time of crisis and in hearing voices from Israel. In this context, ConAct is holding a series of digital events with people from Israeli youth work and society for the past months.
On March 21, ConAct continued its discussion series with Keren Pardo. She is the head of the international department of the Kibbutz Movement in Israel, with the Kibbutz Movement Volunteers Program Center (KPC), which oversees the volunteer program. Keren Pardo is also well-acquainted with volunteer work in the German-Israeli context through the Kom-Mit-Nadev program, which she coordinated from 2010 to 2013.
At the beginning of the discussion, Keren provided a brief historical overview of the kibbutz movement in Israel. Like other organizations and movements, the history of the kibbutzim stretches far back to the period before the founding of the state. The Kibbutz Movement, which was formed in 1999 by the merger of various umbrella organizations, today represents 273 kibbutzim with 120,000 residents. Although the social and political influence of the kibbutz movement has diminished over the decades, and today only 1.5% of the Israeli population are living in kibbutzim, these collective settlements are still responsible for half of Israel's agricultural production and one-tenth of its industrial output.
The terror attack of October 7 hit the kibbutzim particularly hard. On that day alone, 22 communities near the Gaza Strip were attacked, more than 300 residents were murdered, and many others were abducted. This not only destroyed lives and devastated places of unique beauty, but also tore apart tightly-knit social communities.
Due to the Hezbollah rocket attacks, 26 kibbutzim near the border with Lebanon also had to be evacuated, displacing more than 60,000 people from these communities, turning them into refugees in their own country. Most were able to find refuge in other kibbutzim located in safer parts of the country. Pre-existing evacuation plans were helpful in distributing evacuees.
The assistance of countless volunteers was quickly coordinated, a donation fund was established, and a logistics center was set up. This ensured that evacuees were provided with daily necessities. Volunteers also helped maintain some of the agricultural fields. Temporary educational facilities were set up to help continue the schooling of children and young people.
The solidarity between the different kibbutzim will also enable the rebuilding of the destroyed settlements. Planning is already underway. In addition to financial support, empowering the members of these communities will be crucial to rebuilding their social fabric and leadership structures. The KPC is also planning to establish short-term volunteer programs to support the reconstruction efforts.
A glimmer of hope during these difficult times came in the form of messages, expressions of solidarity, and offers of help from former volunteers. These demonstrate how formative and lasting the experiences gained through volunteering are.
Keren Pardo concluded with an appeal to the exchange professionals to come to Israel, witness the situation firsthand, and show their solidarity.
For more information about the volunteer program: https://kibbutzvolunteers.org.il/
- Video on the impact of the October 7 attack, the Kibbutz Movement's efforts to shelter and support evacuees, and the visions for reconstruction: https://www.youtube.com/watch?v=WEpJcVwKU80
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