Israel nach dem 7. Oktober – Stimmen aus Jugendarbeit und Gesellschaft
**English version below**
Bereits wenige Tage nach den Angriffen der Hamas auf Israel lud ConAct Fachkräfte im Deutsch-Israelischen Jugendaustausch zu einer aktuellen Stunde mit Partner*innen vom Verband der Israelischen Jugendbewegungen ein. Hierbei wurden der Bedarf und das Interesse deutlich, in dieser Krisenzeit im engen Austausch miteinander und mit ConAct zu stehen und Stimmen aus Israel zu hören. Vor diesem Hintergrund finden seit Oktober 2023 regelmäßig digitale Angebote von ConAct mit Menschen aus der israelischen Jugendarbeit und Gesellschaft statt.
Am 24. April setzte ConAct die Gesprächsreihe mit Sharon Buenos fort. Anlässlich des israelischen Holocaustgedenktages ging die Internationale Direktorin von Zikaron BaSalon der Frage nach, inwiefern sich das Erinnern an die Shoah und das Gedenken an den 7. Oktober wechselseitig beeinflussen.
Zunächst stellte Sharon die Geschichte und das Konzept von Zikaron BaSalon vor, das wörtlich übersetzt „Gedenken im Wohnzimmer“ bedeutet. Das Format entstand 2011 als Erweiterung des offiziellen, stärker ritualisierten Gedenkens. Es sieht vor, dass Shoah-Überlebende oder deren Nachfahren in privatem Rahmen Zeugnis ablegen. Gemeinsam denken alle Beteiligten nach, was das eben Gehörte für Gegenwart und Zukunft bedeuten. Auf diesem Wege entstehen sehr persönliche Formen des Erinnerns.
„Bis zum 7. Oktober hat es in Israel viel Widerspruch hervorgerufen, wenn jemand aktuelle Ereignisse mit der Shoah verglichen hat. Aber an diesem Tag waren wir so unter Shock und unser Vokabular reichte nicht aus, um die Ereignisse zu erklären.“ Mit diesen Worten schilderte Sharon die kollektive Sprachlosigkeit angesichts der Gräueltaten der Hamas. Um diese Sprachlosigkeit zu überwinden, stellten viele Israelis Bezüge zur Geschichte der Shoah her, die ihnen aus familiären Erzählungen, dem Unterricht oder dem kollektiven Gedenken in Israel vertraut sind. Auch viele Shoah-Überlebende selbst zögen Parallelen zwischen ihren eigenen Erfahrungen und den Erlebnissen derjenigen, die den 7. Oktober im Versteck überlebten oder als Geiseln entführt wurden.
Viele von ihnen erlebten durch den 7. Oktober zudem eine Retraumatisierung. Das Team von Zikaron BaSalon richtete deshalb eine Notfallnummer ein, um den hochbetagten Menschen zu helfen. Mit neuen Formaten reagierte die Initiative zudem auf die große Verunsicherung, die der 7. Oktober und der in der Folge weltweit grassierende Antisemitismus für jüdische Communities innerhalb und außerhalb Israels nach sich zogen. Durch die Beschäftigung mit intergenerationellen, jüdischen Narrativen soll Teilnehmenden so ein Weg zur (Wieder-)Erlangung persönlicher und kollektiver Resilienz ermöglicht werden.
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Israel nach dem 7. Oktober – Stimmen aus Jugendarbeit und Gesellschaft
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Israel after October 7 – Voices from Youth Work and Society
Online Discussion with Sharon Buenos
On April 24, ConAct continued its conversation series with Sharon Buenos. On the occasion of Israel's Holocaust Remembrance Day, the International Director of Zikaron BaSalon explored the question of how Holocaust remembrance and the commemoration of October 7 influence each other.
Sharon began by introducing the history and concept of Zikaron BaSalon, which literally means "Remembrance in the Living Room." This format was created in 2011 as an extension of the official, more ritualized forms of remembrance. It involves Holocaust survivors or their descendants sharing their testimonies in a private setting. Together, all participants reflect on what the testimony means for the present and the future. In this way, very personal forms of remembrance emerge.
“Until October 7, it was highly controversial in Israel when someone compared current events to the Holocaust. But on that day, we were so shocked, and our vocabulary wasn’t sufficient to explain what was happening,” Sharon explained, describing the collective speechlessness in response to the Hamas massacres. In an effort to cope with this speechlessness, many Israelis drew parallels to the Holocaust—a history familiar to them through family stories, school education, or collective remembrance in Israel. Many Holocaust survivors themselves also drew comparisons between their own experiences and those of people who survived October 7 in hiding or were abducted as hostages.
Many of them also experienced retraumatization as a result of October 7. In response, the Zikaron BaSalon team set up an emergency hotline to support elderly survivors. The initiative also introduced new formats to address the deep insecurity felt by Jewish communities inside and outside Israel following October 7 and the global surge in antisemitism that followed. By engaging with intergenerational Jewish narratives, the initiative aims to help participants (re)gain personal and collective resilience.
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