Kinder- und Jugendpolitik – Grundlagen und Strukturen

Gesetzliche und finanzielle Grundlagen

Relevante Gesetze

Folgende Gesetze definieren Rechte und Pflichten von Kindern und Jugendlichen in Israel:

  • Das Gesetz zur Staatlichen Erziehung formuliert allgemeine Prinzipien und Ziele des staatlichen Schul- und Erziehungssystems.
  • Im Gesetz über die Schulpflicht ist für das 5- bis 16-Jährige eine allgemeine und kostenlose Schulpflicht bis zur 10. Klasse festgelegt.
  • Die 54 Paragrafen umfassende Internationale Kinderrechtskonvention der Vereinten Nationen wurde von Israel 1991 unterzeichnet.
  • Das Gesetz über das Recht auf Ausbildung mit Bezug auf die UN-Charta schreibt das individuelle Recht auf menschliche Würde, Erziehung und Teilhabe am Erziehungssystem fest.
  • Laut Gesetz über die Schulaufsicht ist die Gründung und der Betrieb einer Schule, die nicht Teil des offiziellen staatlichen Erziehungssystems sein will, mit offizieller staatlicher Genehmigung möglich.
  • Das Gesetz zur Sonderpädagogischen Erziehung regelt staatliche Maßnahmen zur Unterstützung von Kindern und Jugendlichen mit körperlichen und geistigen Behinderungen und sonderpädagogischem Förderbedarf.
  • Laut Gesetz zur Berufsausbildung haben Jugendliche im Alter von 15 bis 18 Jahren ein Recht auf berufliche Ausbildung in Form einer praktischen Ausbildung oder als Teil der höheren Schulbildung.
  • Das Gesetz zu Adoptionsverfahren orientiert sich am Wohl des zu adoptierenden Kindes.
  • Das Gesetz zum Schutz von Kindern in der Öffentlichkeit formuliert ein Alkoholverbot für Kinder und Jugendliche.
  • Das Gesetz zum Schutz von minderjährigen Zeug*innen regelt Strafverfahren wegen sexuellen Missbrauchs oder Gewalt gegen Kinder.
  • Laut Gesetz zur Pflege und Aufsicht von Jugendlichen kann das Sorgerecht einer ausgesuchten Privatperson bzw. einer*m Fürsorgebeamt*in übertragen werden.
  • Das Gesetz Rechtsprechung, Strafe und Behandlungswegen regelt Verfahrensfragen der Jugendgerichte sowie mögliche Straf- und Erziehungsmaßnahmen.
  • Die Bestimmungen für Vergehen gegen Kinder und Hilflose des israelischen Strafgesetzbuches sehen bei körperlichen und sexuellen Angriffen und Missbrauch schwere Strafen vor.
  • Das Gesetz zur Prävention von Gewalt in der Familie ermöglicht schnelle Hilfe für Geschädigte und den Erlass einer sofortigen gerichtlichen Schutzbestimmung in Fällen familiärer Gewalt.
  • Das Vormundschaftsgesetz regelt die gesetzliche Vertretung von Jugendlichen, wenn die Eltern gestorben oder nicht in der Lage sind, ihre Pflichten wahrzunehmen.Das Gesetz zur Öffentlichen Verteidigung gibt angeklagten Minderjährigen das Recht, auf Staatskosten einen Verteidiger zu nehmen.
  • Das Schüler*innen-Gesetz (2000) definiert die Rechte von Schüler*innen im Sinne der Menschenwürde und der Grundsätze der Vereinten Nationen. 

Quelle

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Altersbezogene gesetzliche Bestimmungen

  • Grundsätzlich: In Israel gelten
    • 1- bis 15-Jährige als Kinder
    • 16- bis 18-Jährige als Jugendliche
    • über 18-Jährige als Volljährige
  • Schulpflicht: 6 bis 16 Jahre (Klasse 1 – 10)
  • Bedingte Strafmündigkeit: ab 12 Jahren
  • Beschäftigungsverbot:
    • unter 15 Jahren: generelles Beschäftigungsverbot (Ausnahme: Landwirtschaftsbetrieb der Eltern)
    • 14 bis 18 Jahre: Beschäftigungsverbot am Schabbat
    • bis 16 Jahre: Beschäftigungsverbot nach 20 Uhr
    • 16 bis 18 Jahre: Beschäftigungsverbot nach 22 Uhr
  • Beschäftigungserlaubnis: ab 14 Jahren in den Ferien (max. 8 Stunden täglich, 40 Stunden wöchentlich)
  • Mindestlohn: Anteil am Lohn für Volljährige in Prozent - unter 16 Jahren: 70 %, unter 17 Jahren: 75 %, unter 18 Jahren: 83 %, Auszubildende: 60 %
  • Piercing: unter 16 Jahren ohne Erlaubnis der Eltern verboten
  • Personalausweispflicht: ab 16 Jahren
  • Führerschein-Mindestalter:
    • PKW bis 3,5t (die ersten 6 Monate begleitet): 16 Jahre + 3 Monate
    • PKW: 18 Jahre
    • Motorrad bis 500 cm³: 18 Jahre
    • LKW bis 14,9t: 18 Jahre
    • LKW über 15t: 19 Jahre
    • Motorrad über 500 cm³: 21 Jahre
  • Alkoholkonsum- und Tabakkauf-Verbot: unter 18 Jahren
  • Heiratsberechtigung: ab 17 Jahren (sind Ehepartner*innen noch nicht 17 Jahre alt nur mit Genehmigung des Bezirksgerichts)
  • Volljährigkeit/Wahlrecht: 18 Jahre
  • Wehrpflicht für alle Geschlechter: ab 18 Jahren
  • Strafmündigkeit: ab 14 Jahren (Ausnahme: ab 12 Jahren bei Mord, versuchtem Mord, Totschlag)

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Finanzierung

Staatliche nationale Förderung

Kinder- und Jugendpolitik wird durch die jeweils zuständigen Ministerien im Rahmen aktueller politischer Prioritäten und Haushaltvorgaben unterstützt.

Wichtige Rollen spielen vor allem das Ministerium für Erziehung, das Ministerium für Wohlfahrt sowie das Ministerium für Einwanderung und Integration. In Kooperation mit kommunalen Behörden unterstützen diese Ministerien die Entwicklung von Konzeptionen und die Organisation und Supervision von Bildungs- und Sozialprogrammen.

Die Ausgaben für den Bildungsbereich (Grundschule bis Hochschulabschluss) lagen  nach Angaben der OECD 2011 bei 7.167 Dollar pro Kopf (OECD-Durchschnitt: 9.487 Dollar), das entsprach 7,3 % des Bruttoinlandsproduktes (1,2 % mehr als der OECD-Durchschnitt).

Bei der staatlichen Finanzierung zeigt sich ein Trend zu verstärkter Unterstützung von Nichtregierungsorganisationen (NGOs). Damit ist auch eine größere staatliche Einflussnahme auf den jeweiligen Verwendungszweck verbunden. Auf dem Hintergrund parteipolitisch motivierter Zuwendungen haben verschiedene Urteile des Obersten Gerichtshofes zu größerer Transparenz bei der Verteilung öffentlicher Mittel an Nichtregierungsorganisationen geführt.


Quelle

Private und sonstige Finanzierungsquellen

Kinder- und Jugendarbeit in kommunalen Einrichtungen, gemeinnützigen Vereinen und Jugendverbänden werden in erheblichem Ausmaß durch Zuwendungen von Sponsor*innen finanziert. Ein großer Teil dieser Mittel wird durch jüdische Stiftungen und Wohlfahrtsorganisationen sowie christlich-jüdische Organisationen im In- und Ausland eingebracht. Ihnen geht es vor allem um Unterstützung der Einwanderung nach Israel sowie um Solidarität in Zeiten von Krieg und Terror.

Neben diesen etablierten Finanzquellen haben sich alternative Fundraising-Netzwerke entwickelt, um israelische Initiativen zu fördern, die sich für Pluralismus, Menschenrechte und Demokratie einsetzen. Israelische Wirtschaftsunternehmen suchen durch Social Sponsoring die Kooperation mit sozialpolitisch engagierten Initiativen. Sie wollen durch fordernde Unterstützung gemeinnützige Projekte fördern, die langfristig den demokratischen Charakter der Gesellschaft fördern.

Durch finanzielle Zuwendungen der Europäischen Union sowie von Regierungen verschiedener EU-Länder werden besonders israelische Initiativen unterstützt, die sich für die Stärkung von Demokratie, Menschrechten und Frieden engagieren. Die politischen Stiftungen dieser Länder engagieren sich ebenfalls stark in aktuellen politischen und sozialen Problemfeldern. Diese Finanzierung wird in der israelischen Gesellschaft als politische Einflussnahme von außen kontrovers diskutiert.

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Kinder- und jugendpolitische Strukturen

Ministerien und ihre Zuständigkeiten

Folgende Ministerien sind für die Kinder- und Jugendpolitik besonders relevant. Nachfolgend finden Sie eine Beschreibung der Aufgaben der Ministerien  bezüglich des Arbeitsbereichs „Kinder und Jugendliche“.

Ministerium für Arbeit, Wohlfahrt und Soziales (Misrad Ha‘awoda, Harewacha Wehascherutim Hachewrati’im)

Im Wohlfahrtsministerium unterstützen die Abteilungen „Individuelle und Soziale Dienste“ sowie die „Kinder- und Jugendhilfe“ die Maßnahmen der lokalen Sozialdienste und Sozialämter. Programme der „Einzel- und Familienhilfe“ richten sich an Menschen in akuten Notlagen. Der Arbeitsbereich „Gemeinwesenarbeit, Stadtteilarbeit und Einwanderereingliederung“ konzentriert sich auf Neueingewanderte sowie auf Bevölkerung im arabischen, drusischen und beduinischen Sektor. Der Bereich „Förderprogramme“ organisiert Unterstützung in Fällen von Ausbildungsproblemen, Kriminalität und Gewalt. „Rehabilitationshilfe“, „Berufsförderung“ und „Tagesförderzentren“ unterstützen straffällig gewordene Jugendliche, Schuldistanzierte und Obdachlose. Der Bereich „Hilfe für Drogenabhängige“ koordiniert mehr als 160 Entziehungszentren.

An sozial benachteiligte Familien richtet sich die „Hilfe für Mädchen und junge Frauen“. Die „Jugendbewährungshilfe“ verantwortet die Arbeit mit minderjährigen Jugendlichen und ihren Bewährungshelfenden. Zuständig für außerfamiliäre Unterbringungen in staatlichen oder privaten Heimen ist der Arbeitsbereich „Jugendschutz“. Die Abteilung „Menschen mit geistigen Behinderungen“ unterstützt die Integration im Umfeld der gewohnten Familie und Gemeinde. Im Arbeitsbereich „Freiwilligenarbeit“ werden ehrenamtlicher Helfer*innen koordiniert, die sich in Projekten für Kinder, Alte und Behinderte, in Einwanderungszentren, Gesundheitswesen, Umweltschutz, Bürgerinitiativen und Unfallhilfe engagieren.

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Ministerium für Erziehung (Misrad Hachinuch)

Im Erziehungsministerium ist vor allem das Amt „Gesellschaft und Jugend“ (Minhal Chewra Venoar) zuständig für außerschulische Erziehung und Bildung in Gemeindezentren, Jugendhäusern, Jugenddörfern und Jugendverbänden, in nachmittags genutzten Schulgebäuden und auf der Straße. Spezielle Programme richten sich an religiöse Gruppen und ethnische Minderheiten wie russische, arabische, äthiopische, drusische und beduinische Bevölkerungsteile. Im Amt „Pädagogik" werden Lehrpläne und Programme für Kinder- und Jugendbildung entwickelt und ein jeweiliges Jahresthema für die pädagogische Arbeit festgelegt. Die „Publikationsabteilung“ veröffentlicht Informations- und Lehrmaterial zu aktuellen gesellschaftspolitischen Themen. Das Referat „Gefährdete Kinder und Jugendliche“ koordiniert Unterstützung in sozialen und wirtschaftlichen Notlagen. Die Abteilung „Gesellschaft und Gemeinde“ fördert die Zusammenarbeit zwischen allen bestehenden Bildungsbereichen des Landes. Das Referat „Staatlich-religiöse Erziehung“ (hebr. Kürzel Chemed für Chinuch Memlachti Dati)richtet sich speziell an religiöse Kinder- und Jugendliche. Das Referat „Arabische Gesellschaft“ fördert Gleichberechtigung und Chancengleichheit der arabischen BevölkerungEs gibt auch eine Abteilung zur Unterstützung von Freiwilligen der Nationalen bzw. Zivilen Freiwilligendienste und von Teilnehmenden an Vorbereitungskursen der Armee. Das Ministerium für Erziehung ist zuständig für Fragen im Zusammenhang mit Sicherheit, Unfallschutz und Notsituationen und für Schulungsprogramme für Katastrophenfälle und zum Schutz gegen terroristische oder kriegerische Angriffe.

Das Erziehungsministerium stellt auch den Vorsitz des israelischen „Hochschulrates“ (HaMo‘aza LeHaskala Gwo‘a). Um die Bewertung von Daten und Erhebungen zum israelischen Bildungssystem kümmert sich die „Nationale Behörde für Auswertung und Bewertung “ (hebr. Kürzel: Rama für Reschut Arzit Lemedida Veha‘aracha), die dem Ministerium für Erziehung zugeordnet ist.

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Die größte und beliebteste Informationsquelle für Jugendliche zu alternativen Lern- und Ausbildungsmöglichkeiten außerhalb oder innerhalb des örtlich etablierten Schulsystems ist das Internetportal „Misgarot“(Rahmen) zu Berufsschulen, Jugenddörfern, Internaten, Internationalen Schulen, Experimentalschulen, Demokratischen Schulen, Anthroposophischen Einrichtungen, Sonderschulen, religiös-säkularen Koedukativschulen und Ausbildungsprogrammen der Armee.

 

Ministerium für Einwanderung und Integration (Misrad Ha’alija Vehaklita)

Israel ist ein Einwanderungsland. Das Einwanderungsministerium ist verantwortlich für die Aufnahme und Eingliederung von Neueingewanderten durch Unterstützung bei ihrer Übersiedlung nach Israel. Die Abteilung „Eingliederung in die Gemeinde“ hilft bei der individuellen und familiären sozialen, kulturellen und sprachlichen Eingewöhnung. Das Referat „Student*innen und Schüler*innen“ entwickelt in Zusammenarbeit mit der Jewish Agency (hebr. Sochnut) Programme zur Beratung in Fragen der weiteren schulischen und universitären Ausbildung.

Mit dem Referat „Eingliederung der Neueingewanderten aus Äthiopien“ besteht ein Arbeitsbereich für die speziellen Bedürfnisse von Migrant*innen aus diesem afrikanischen Land. Das Ministerium hilft bei auftauchenden Problemen wie Planung und Vorbereitung der Einwanderung, Arbeits- und Wohnungssuche, Erziehung, Ausbildung und Weiterbildung.

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  • Schachak (hebr. Kürzel für gesellschaftlicher Dienst in der Gemeinde) – Stipendienprogramm für ehrenamtlich in Sozialprojekten helfende Student*innen mit Migrationshintergrund (Englisch)
  • The Jewish Agency (Englisch)
     

Ministerium für Verteidigung (Misrad Habitachon)

Das Verteidigungsministerium (hebräisch wörtlich: Sicherheitsministerium) ist für die Sozial- und Erziehungsprogramme der israelischen Armee verantwortlich, vor allem mit ihrer Abteilung „Armee und Gesellschaft“ (Agaf Bitchoni Chewrati). Diese richten sich vor allem an sozial benachteiligte Gesellschaftsgruppen, Neueingewanderte und die jüdisch fromme Bevölkerung (Charedim). Das „Erziehungs- und Jugendkorps“ (Chel Hachinuch Vehanoar) organisiert Ausbildungs- und Studienprogramme vor und während der Militärzeit, sie ermöglichen sprachliche Fortbildung, den Abschluss einer schulischen und beruflichen Ausbildung und die Qualifizierung für den Militärdienst und ein späteres Berufsleben.

Die „Jugendkorps“ (Gadna, hebr. Kürzel für Gdudej Noar Iwri, Hebräische Jugendkorps) unterstützen Jugendliche in sozialen Brennpunkten oder Haftanstalten. Säkulare, religiöse und koedukative Schulen der „Vormilitärischen Ausbildungsprogramme“ (Mechinot Kdam Zwajot) für 17-20-jährige Jugendliche dienen der Vorbereitung auf den Armeedienst. Sie bieten auch Kurse für Jugendliche mit Behinderungen oder internationale Teilnehmende an. Das Erziehungsprogramm der „Kämpfenden Pionierjugend“ (Nachal, hebr. Kürzel für Noar Chiluzi Lochem) kombiniert Militärdienst mit einem Zivildienst in der Landwirtschaft. Im Programm „Lehrerinnen-Soldatinnen“ (Morot Chajalot) werden Rekrutinnen während ihres Armeedienstes als Pädagoginnen in sozialen Projekten von Gemeindezentren,Bildungseinrichtungen oder Naturschutzprojekten tätig. Die Programme „Hesder-Jeschiwot“ (Arrangement der  Talmud-Hochschulen) ermöglichen religiösen Rekruten, ihren Militärdienst mit religiösen Studien zu kombinieren. Das so genannte „Unterhaltungskorps“ der Armee plant und organisiert kulturelle Aktivitäten und Veranstaltungen.

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Weitere Ministerien

Über die Arbeitsbereiche der oben vorgestellten Ministerien hinaus beschäftigen sich auch folgende weitere Ministerien mit wichtigen Bereichen von Kinder- und Jugendpolitik:

Kinder- und jugendpolitische Schwerpunkte und Aktionsprogramme

Die aktuellen kinder- und jugendpolitischen Programme spiegeln die Vielfalt sozialer und politischer Herausforderungen der israelischen Gesellschaft wider. Sie lassen sich vereinfacht unter folgenden Stichworten zusammenfassen (die jeweiligen Links verweisen auf beispielhafte Themenschwerpunkte und Programme).

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Al Seder Hajom (Auf der Tagesordnung) – pädagogisches Material des Amtes für Gesellschaft und Jugend im Erziehungsministerium zu tagesaktuellen Fragen (Hebräisch)
 

Einheit und Vielfalt

Beim Aufbau des jüdischen und demokratischen Staates Israel soll Kinder- und Jugendpolitik eine entsprechende individuelle und kollektive Identität stärken und verbindende Werte vermitteln. Besondere Schwerpunktthemen sind: Dialog zwischen religiösen und säkularen Bevölkerungsgruppen, Verständigung zwischen westlich-europäisch und orientalisch geprägten Israelis, Ausgleich sozialer Benachteiligung zwischen Menschen in Großstädten und Orten an der Peripherie des Landes, Durchsetzung von Frauen- und Minderheitenrechten, Begegnung zwischen den Generationen, Verbesserung der Beziehungen zwischen jüdischer und arabisch-palästinensischer Bevölkerung.

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Einwanderung und Zionismus

Nach Überzeugung der israelischen Mehrheitsgesellschaft soll der Staat Israel eine mögliche Heim- und Fluchtstätte für Jüdinnen und Juden aus aller Welt sein, besonders aus Ländern mit zunehmender Judenfeindschaft oder wirtschaftlicher Notlage. Die Eingliederung von Neueinwandernden aus verschiedensten Ländern und Kulturen hat hohe Priorität. Programme der Kinder- und Jugendarbeit fördern hebräische Sprachkenntnisse, berufliche Qualifikation und gesellschaftliche Integration mit dem Ziel eines gemeinsamen israelischen Selbstbewusstseins. Aktuelle Bedeutung hat die Arbeit mit Menschen aus Migrations- und Fluchtbewegungen Asiens und Afrikas.

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Toleranz und Demokratie

Mit der Förderung jüdischer und israelischer Identität ist die Vermittlung universeller demokratischer Werte verbunden. Erziehung zu Toleranz und Demokratie ist in einer Einwanderungsgesellschaft, deren Bevölkerung zu großen Teilen aus Ländern ohne ausgeprägte demokratische Traditionen stammt und die seit der Staatsgründung ständig in Bedrohungs- und Kriegssituationen lebt, eine zentrale Aufgabe. Entsprechende Bildungsprogramme widmen sich interkultureller Verständigung, Dialog, Konfliktvermittlung sowie Bürger- und Menschenrechtfragen. Sie wirken gegen Vorurteile und rassistische Einstellungen und fördern Zivilcourage.

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Bürgerschaft und Engagement

Ehrenamtliche Mitarbeit in sozialen, kulturellen und politischen Organisationen hat in Israel eine starke Tradition. Jugendpolitik will junge Menschen zu freiwilligem Engagement für Gemeinde, Gesellschaft und Staat motivieren. In zahlreichen gesellschaftlichen Bereichen des Landes finden sich Aufnahmeorganisationen und Einsatzstellen für ehrenamtliche Arbeit, auch in Form von Freiwilligendiensten zionistischer und anderer Organisationen im Ausland.

Regierung, lokale Behörden, Jugendbewegungen und Vereine entwickeln aktuelle Programme zur Aus- und Weiterbildung von in der Kinder- und Jugendarbeit Engagierten.

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Kriege und Friedenshoffnungen

Erfahrungen im israelischen Alltagsleben mit Gewalt, Terror und Krieg sind für Kinder- und Jugendarbeit besondere Herausforderungen. Sie brauchen Räume und Gelegenheiten, um Trauer, Ängste, Wut und Zweifel zum Ausdruck zu bringen und mit anderen auszutauschen. Verschiedene Programme versuchen, Bedrohungsgefühlen und Resignation entgegenzuwirken und Hoffnung auf Frieden und jüdisch-arabische Koexistenz zu stärken. Sie bemühen sich um eine Klärung der vielschichtigen Ursachen der Spannungen, um die Entwicklung einer Gesprächs- und Streitkultur sowie um eine größere Bereitschaft für Kompromisse. Zu den thematischen Schwerpunkten jugendpolitischer Bildungsarbeit in Israel gehören auch Motivierung und Vorbereitung auf den mehrjährigen Militärdienst.

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Erinnern und Gedenken

Viele jugendpolitische Programme bemühen sich um die Förderung des persönlichen und kollektiven Bewusstseins von der Gegenwart der Geschichte. Dabei kommt der Beschäftigung mit den Wurzeln der eigenen Familie und der Geschichte ihres Heimatortes große Bedeutung zu. In der israelischen Gedenk- und Erinnerungsarbeit nimmt die Katastrophe des nationalsozialistischen Judenmordes (im hebräischen Sprachgebrauch: Schoa, d. h. Katastrophe) eine überragende Bedeutung ein. Dazu gehören Begegnungen und Unterstützungsaktionen für Überlebende der Schoa, von denen in Israel 189.500 leben, 31.000 über 90 Jahre alt (Angaben des israelischen Finanzministeriums 2020). Bei der Einordnung in den größeren Zusammenhang von Judenfeindschaft und Geschichte Israels ist das Spannungsverhältnis zwischen jüdischen und universellen Lehren aus der Geschichte eine Herausforderung für die pädagogische Arbeit.

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Gewalt und Drogen

Gewalt gegen Kinder- und Jugendliche sowie Kriminalität, Drogenmissbrauch und Gewalt von Jugendlichen sind aktuelle und breit diskutierte Problemfelder. Fälle sexuellen Missbrauchs in Politik, Schulen und Armee bewegen immer wieder die Öffentlichkeit. Kinder- und Jugendpolitik reagiert durch Aufklärungs- und Beratungsarbeit und mit Anti-Gewaltprogrammen. Staatliche Einrichtungen, gemeinnützige Vereine und Stiftungen betreiben Informations- und Unterstützungskampagnen für Jugendliche gegen Gewalt, zur Gesundheitsvorsorge und bieten Hilfen in Krankheits- und Notfällen. Besondere Schwerpunkte liegen in Suchtprävention und Antidrogenberatung.

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Umwelt und Natur

Israelis fühlen sich traditionell stark mit ihrem Land und der Schönheit der Natur verbunden. Das Prinzip des Lernens über und in Natur ist in der Kinder- und Jugendarbeit stark verbreitet. Das Umweltministerium arbeitet eng mit örtlichen Bildungseinrichtungen, Gemeindezentren, Jugendbewegungen sowie Natur- und Umweltschutzgruppen zusammen. An vielen Orten des Landes organisieren „Erziehungszentren für Umwelt“ Lernprogramme zu ökologischen und umweltpolitischen Themen. Dazu gehören auch Aktivitäten und Veranstaltungen wie Schulwettbewerbe, Jugendwanderungen und Foto- oder Kunstprojekte, auch in internationalen Kooperationsprojekten.

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Bildung und Arbeit

Jugendliche mit mangelnder oder abgebrochener Schulbildung gibt es vor allem in eingewanderten Familien, in sozial benachteiligten arabischen Ortschaften sowie in der fromm-jüdischen Bevölkerung (Charedim), deren Schulen den allgemeinen staatlichen Fächerkanon ignorieren und sich auf Bibel- und Religionskunde konzentrieren. Auf dem israelischen Arbeitsmarkt haben diese Jugendlichen kaum Chancen. Bildungsprogramme zur schulischen und beruflichen Qualifizierung legen großen Wert auf sprachliche Qualifikation, mathematische und naturwissenschaftliche Kenntnisse und computertechnische Fähigkeiten. Sie versuchen verstärkt, junge Frauen zu erreichen.

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Kinder- und jugendpolitische Einrichtungen und ihre Kompetenzen

Auf städtischer und gemeindlicher Ebene sind die jeweiligen Ämter für Jugend, Sport und Freizeit für Jugendhilfe und Jugendpolitik zuständig. Sie entwickeln kulturelle, sportliche und pädagogische Programme für die Arbeit in Gemeindezentren, Sommer- und Freizeitprogrammen, Kultur- und Sportveranstaltungen und sozialen Diensten. Dabei kooperieren sie mit den örtlichen Vertretungen der jeweils zuständigen Ministerien.

In 154 Gemeinden in allen Landesteilen verbreitet sind die Zentren für Kultur, Jugend und Sport (hebräisches Kürzel: Matnass, Plural: Matnassim)mit über 700 Zweigstellen. Als ihr Dachverband fungiert die Vereinigung der Gemeindezentren. Sie ist dem Erziehungsministerium zugeordnet und kooperiert mit jeweils zuständigen Ministerien sowie städtischen und gemeindlichen Behörden.

Die Gemeindeschule (Beit Sefer Kehilati) ist ein verbreitetes pädagogisches Programm der außerschulischen Bildungsarbeit. Nach Beendigung des Unterrichts fungieren Gelände und Räume der Schulen als Gemeindezentren für Jugendliche des Ortes. In ihnen wird Jugendarbeit mit Gemeinwesen-, Eltern- und Schul-Arbeit verknüpft.

Kinder- und Jugendliche können in einem der 60 Kinder- und Jugenddörfer (singular: Kfar Noar) oder Internaten (singular: Pnimia), bei Gefährdung in geschlossenen oder offenen Schutzheimen, bei körperlich oder geistigen Beeinträchtigungen oder Lernproblemen und Verhaltensauffälligkeiten in Einrichtungen der Sonderpädagogik untergebracht werden.

Außerschulische Erziehungs- und Bildungsarbeit in Israel wird auch stark durch Programme von Nichtregierungsorganisationen (NGO) geprägt. Die meisten sind in der Regel auf besondere Schwerpunktthemen und Aktivitäten spezialisiert.

Verschiedene gesellschaftspolitische Gruppen und Strömungen in Israel unterhalten eigene Bildungsstätten und Tagungshäuser mit auch jugendpolitischer Zielsetzung, die von Organisationen der schulischen und außerschulischen Bildungsarbeit genutzt werden. Jugendleiter*innen werden oft in Bildungseinrichtungen der großen Jugendverbände ausgebildet.

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Nationale und regionale Kinder- und Jugendräte

Rat der Kinder- und Jugendorganisationen

Der Rat der Kinder- und Jugendorganisationen (Englisch) (Moezet Irgunej Hajeladim Venoar) repräsentiert gemeinnützige Vereine und Organisationen im außerschulischen Bildungsbereichs mit insgesamt über 160.000 Teilnehmenden, 2.000 Mitarbeitenden und 12.000 Freiwilligen. Die großen und kleinen Mitgliedsorganisationen repräsentieren parteiübergreifend die Verschiedenheit und Vielfalt der israelischen Gesellschaft und arbeiten an der Überwindung von sozialen und gesellschaftlichen Spannungen.

Zu den Mitgliedsorganisationen gehören unter anderem Initiativen zur Förderung sozial benachteiligter Bevölkerungsgruppen, für die Eingliederung von Einwandernden, Angebote für Jugendliche in Notsituationen, arabische Jugendverbände, Bildungsprojekte für demokratische Erziehung und religiöse Unterweisung. Auf der Website des „Rates der Kinder- und Jugendorganisationen“ und auf der Liste der vom Erziehungsministerium unterstützten „Jugendorganisationen(Irgunej Noar) werden folgende Organisationen genannt. Gemeinsam illustrieren sie die Vielfalt und Buntheit der israelischen Gesellschaft.

Links

  • Acharai – vormilitärisches Jugendprogramm (Hebräisch)
  • Ajeec – arabisch-beduinisch-jüdische Jugendbewegung (Englisch)
  • Banot Batya – charedische Organisation für religiöse Mädchen (Hebräisch)
  • Batej Noar Kadima – Heime für sozial benachteiligte Jugendliche (Hebräisch)
  • Batej Noar Nachschonim – Jugendzentren der Alumni-Vereinigung von Haschomer Hazair (Englisch)
  • Chugej Hassajarot (Green Horizons) – Outdoor-Aktivitäten für Jugendliche (Englisch)
  • Hazofim Hadrusim – drusische Pfadfinder*innen
  • Hazofim Hakatoli’im – arabisch-christliche Pfadfinder*innen (Hebräisch)
  • Haschomer Hechadasch – Jugendbewegung für Zionismus und Landwirtschaft
  • Israel Gay Youth (IGY) – LGBTQ-Jugendbewegung (Englisch)
  • Jachdav – religiöse Jugendorganisation (Hebräisch)
  • Ma’asse  – drusische Jugendzentren und Freiwilligendienste (Hebräisch)
  • Noam – Jugendverband der religiösen Masorati-Bewegung (Hebräisch)
  • Noar Chabad - Jugendorganisation der chassidischen Chabad-Bewegung (Hebräisch)
  • Noar Latet – Jugendorganisation zur sozialen Unterstützung Bedürftiger (Englisch)
  • Noar Magen David Adom – Jugendverband des Notfallrettungsdienstes Roter Schild Davids (Englisch)
  • Neta@ (Noar Technologi) – Digital- und Computertechnik für Kinder- und Jugendliche (Hebräisch)
  • Or Israeli – Jugendarbeit mit sozial benachteiligten Jugendlichen (Hebräisch)
  • Os – religiös-zionistische Kinderorganisation (Hebräisch)
  • Ot Hanoar – Internationale Jugend-Auszeichnung – Israel (Hebräisch)
  • Prachej Hadegel – religiöse charedische Jugendorganisation (Hebräisch)
  • Tarbut – kulturelle Jugendprogramme (Englisch)
  • Tsivos Haschem - Kinderorganisation der chassidischen Chabad-Bewegung (Hebräisch)
  • Zofej Haschalom – arabische Pfadfinder*innen (Hebräisch)

 

Rat der Jugendbewegungen

Im Rat der Jugendbewegungen  (Moezet Tnuot Hanoar) sind die großen überregionalen Jugendbewegungen des Landes zusammengeschlossen. Er ist der wichtigste jugendpolitische Dachverband Israels. Seine Mitgliedsverbände sind auf örtlicher Ebene in Räten der Jugendbewegungen (Moazot Tnuot Hanoar) der jeweiligen Gemeinden organisiert. Nähere Informationen zu einzelnen Jugendbewegungen im Abschnitt über Jugendverbandsarbeit – Überregionale Jugendverbände.

Link

 

Schüler*innenräte

Auf örtlicher Ebene sind die Schüler*innenräte (Moazot Talmidim) aktiv. Sie vertreten die Interessen der Schüler*innen gegenüber der Schulleitung und praktizieren demokratische Prinzipien innerhalb der Schule. Delegierte werden in die regionalen Schüler*innen- und Jugendräte entsandt. Ihre Vertreter*innen beteiligen sich an Sitzungen von Gemeinderäten, der Erziehungskommissionen des Erziehungsministeriums und des Parlaments. Das Referat für Schul- und Jugendräte im Erziehungsministerium unterstützt die Arbeit in Schulen, Gemeindeeinrichtungen und Jugendverbänden.

Der nationale Schüler- und Jugendrat (Moezet Talmidim Wenoar Arzit) ist die Gesamtvertretung aller Schüler*innen und Jugendlichen des Landes und vertritt etwa 700.000 Jugendliche. Der Rat setzt sich aus gewählten Vertreter*innen aus sieben Bezirken zusammen: Nord, Haifa, Tel Aviv, Jerusalem, Zentrum, Süd und arabischer Sektor. Alumni des Rates sind in der Organisation Matana zusammengeschlossen, die den Schüler- und Jugendrat berät und Fortbildungsveranstaltungen organisiert.

Jugendarbeit

Jugendverbandsarbeit

Überblick über die Strukturen der Jugendverbandsarbeit

Die großen landesweiten Jugendverbände sind im Rat der Jugendbewegungen (Moezet Tnuot Hanoar, hebr. Kürzel: Matan) zusammengeschlossen, dem jugendpolitischem Dachverband Israels. Er ist dem Amt „Gesellschaft und Jugend“ des Erziehungsministeriums zugeordnet und wird von dort fachlich und finanziell unterstützt. Israelische Jugendbewegungen stellen einen hohen Anteil der ehrenamtlich Engagierten in der Kinder- und Jugendarbeit von Gemeinden sowie in sozialen und erzieherischen Programmen des Militär- und Zivildienstes. Sie engagieren sich besonders in Projekten mit eingewanderten oder benachteiligten Bevölkerungsgruppen.In arabischen Gemeinden, die sich in der Regel weniger auf ein etabliertes Netzwerk von Förderkreisen im In- und Ausland stützen können und die häufig kein eigenes örtliches Zentrum für Kultur, Jugend und Sport haben, ist Jugendverbandsarbeit besonders wichtig. Nach Angaben des israelischen Zentralbüros für Statistik (2020) haben 30 % der 250.000 jungen arabischen Erwachsenen im Alter von 18-24 Jahren keine abgeschlossene schulische oder berufliche Ausbildung, dieser Anteil ist doppelt so hoch wie unter jüdischen Israelis der gleichen Altersgruppe. Arabische Jugendverbände wie die Arabische Jugend (Hanoar Ha’arawi) versuchen, lokale Jugendarbeit aufzubauen und weiterzuentwickeln. Innerhalb der zionistischen Jugendbewegung Haschomer Haza'ir (Der junge Wächter) ist Ajial (arab. für: Generationen) ein eigenständiger arabischer Jugendverband. Auch die zionistische Arbeitende und Lernende Jugend (Hanoar Ha’owed Wehalomed) bemüht sich um jüdisch-arabische Koexistenz und um Integration arabischer Jugendlicher in ihre Programme. Ihre Verbandsstruktur verfügt über eine Arabische Abteilung. Die größte israelische Jugendbewegung, die Pfadfinder (Hazofim), hat mehrere arabische Unterverbände für ihre muslimischen, christlichen und drusischen Mitglieder. 

Überregionale Jugendverbände

Die im Rat der Jugendbewegungen zusammengeschlossenen landesweiten großen Jugendbewegungen vertreten  insgesamt über 400.000 Kinder und Jugendliche im Alter von 12 bis 18 Jahren. Aus diesen Jugendbewegungen kommen 1.200 Teilnehmende des einjährigen sozialen Freiwilligendienstes (Schnat Scherut). Die folgenden Links führen zu Informationen über die 13 aktuellen Mitgliedsverbände (2021).

Links

Parteipolitische Jugendorganisationen

Die Jugendorganisationen politischer Parteien spielen weiterhin eine wichtige Rolle und konkurrieren oder kooperieren je nach politischer Ausrichtung untereinander und mit verschiedenen Jugendverbänden. Neben den etablierten Verbänden und Parteien existieren unabhängiger Organisationen und Bildungseinrichtungen in freier Trägerschaft, die über kleinere Jugendorganisationen und Jugendgruppen verfügen. Die Bildungs- und Erziehungsprogramme der Organisationen spiegeln die jeweilige politische und ideologische Ausrichtung. Nicht alle Jugendorganisationen zeigen eine Internet-Präsenz.

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Religiöse Jugendverbände

Weltweit, anders als in Israel, bilden die Bewegungen des konservativen Judentums (Jahadut Massortit) und des Reformjudentums (Jahadut Mitkademet) die Mehrheit des religiösen Judentums, in Israel ist es das so genannte orthodoxe und ultraorthodoxe Judentum (Dati'im und Charedim). Die religiösen Jugendverbände pflegen enge Bindungen zu den etablierten religiösen Einrichtungen. Der im Laufe der letzten Jahrzehnte stark verminderten Rolle der sozialistisch und säkular geprägten Kibbuz- und Arbeiterbewegung entspricht ein zunehmender Einfluss konservativ religiös oder national orientierter Strömungen und Jugendverbände.

Zu einzelnen religiösen Jugendverbänden siehe auch die Links der Abschnitte  "Rat der Kinder- und Jugendverbände" sowie "Jugendverbandsarbeit  Überregionale Jugendverbände".

Jugendverbände des Sports

Die ursprünglich jeweils mit bestimmten politischen Strömungen und Parteien identifizierten nationalen Sportverbände haben sich seit den 70er Jahren weitgehend entpolitisiert. Sie verstehen sich heute als überparteiliche Organisationen. Dies betrifft die Sportbewegungen Makkabi, Hapoel und Beitar. Religiös-zionistische Sportvereine sind im Dachverband Elizur zusammengeschlossenen. Im Sportverband ASA (Irgun Sport Akademi) sind vor allem Sportvereine von Universitäten und Hochschulen organisiert. Weiteres zum Sport siehe Abschnitt „Gesundheit und Wohlbefinden – Sport“.

Glaubensgemeinschaftliche Angebote für Kinder und Jugendliche

Die israelische Gesellschaft gliedert sich nach Religionszugehörigkeit in 74,3 % jüdische, 17,8 % muslimische, 1,9 % christliche, 1,6 % drusische und 3,9 % anders orientierte Bevölkerung. Die Mehrheit der Israelis ist dabei eher weltlich-säkular orientiert und religiös kaum oder nicht praktizierend. Nur eine Minderheit lebt ein religiös geprägtes Alltagsleben mit regelmäßigem Beten und Synagogenbesuchen. Die Identität der israelischen Mehrheitsgesellschaft wird jedoch unabhängig von der individuellen Religiosität weitgehend durch das Bewusstsein von einer verbindendenden gemeinsamen jüdischen Kultur, Tradition und Geschichte geprägt.

Prognosen der Bevölkerungsentwicklung gehen aufgrund der Geburtsstatistiken davon aus, dass in den kommenden Jahren der Anteil der religiös praktizierenden Bevölkerung stark zunehmen wird mit einschneidenden Folgen auch für das Erziehungssystem. Bereits heute kommt die Hälfte der Kinder der 1. Grundschulklassen aus fromm-religiösen (charedischen) Familien.
 

Staatlich-religiöse Erziehung

Staatliche Einrichtungen und zivilgesellschaftliche Gruppen wenden sich mit besonderen Programmen an die religiöse Bevölkerung und fördern Begegnungen zwischen religiösen und säkularen Bevölkerungsgruppen. Der Arbeitsbereich „Staatlich-religiöse Erziehung“ (Chinuch Memlachti Dati) im Erziehungsministerium entwickelt Programme, die Kindern und Jugendlichen Religionskunde und demokratische Werte im Einklang mit den Geboten der Bibel vermitteln. Die Abteilung für „Internatserziehung“ ist verantwortlich für staatlich-religiöse Jugenddörfer oder Internate zum Studium religiöser Schriften für Jungen (Jeschiwot) und Mädchen (Ulpanot). Der Arbeitsbereich „Arabischer Sektor“ beschäftigt sich mit Bildungs- und Erziehungsfragen im arabischen Teil der Bevölkerung und behandelt daher auch religiöse Alltagsfragen aus Islam und Christentum.Besondere Aktionsprogramme ermöglichen jungen religiösen Frauen, als Teil ihrer Armeezeit soziale Freiwilligendienste zu leisten oder anstelle des Militärdienstes im Rahmen eines „Nationalen Zivildienstes“ (Scherut Le’umi-Esrachi) in sozialen Brennpunkten und Erziehungseinrichtungen zu arbeiten.

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Pluralismus und Toleranz

Seit der Ermordung des israelischen Premierministers Jizchak Rabin 1995 durch einen jüdischen religiösen Fanatiker gilt die Förderung einer Verständigung zwischen säkularen und religiösen Bevölkerungsgruppen als nationale Aufgabe mit hoher Priorität. Zahlreiche Bildungsprogramme und Initiativen versuchen, die bisherige starre Trennung zwischen religiösen und säkularen Erziehungssystemen zu mildern. Das Interesse auch säkularer Israelinnen und Israelis an einer persönlichen Begegnung mit religiösen biblischen und talmudischen Schriftenwächst. In „Lernstuben“ zu moderner Auslegung der Schriften treffen sich junge und alte, säkulare und religiöse Israelis zum gemeinsamen Studieren und Diskutieren der Schriften.

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Religion und Demokratie

Zionistische Ideale wie die Förderung jüdischer Identität und Stärkung jüdischer Präsenz im Land bringen innergesellschaftliche Spannungen mit sich. Das Programm „Garin Torani“ (Tora-Kern) zur Errichtung neuer Wohnviertel in israelischen Ortschaften mit geringem Anteil religiös-jüdischer oder hohem Anteil arabischer Bevölkerung hat starken Zulauf von Jugendlichen aus der „Siedlungsbewegung“, führt jedoch auch zu Auseinandersetzungen mit alteingesessenen Bevölkerungsgruppen. Religiösen Bildungseinrichtungen fällt in dieser Situationen durch Erziehung zu jüdischen und demokratischen Werten und zum Dialog mit anderen Religionen und Kulturen eine wichtige vermittelnde Rolle zu.

Nationalreligiös gesinnte Jugendliche in der „Siedlungsbewegung“ fühlen sich nach Zwangsräumungen israelischer Siedlungen in den besetzten Gebieten von Regierung, Armee und Medien im Stich gelassen, distanzieren sich von Staat und Gesellschaft und leisten militanten, zum Teil gewalttätigen, Widerstand. Aktionsprogramme der staatlich-religiösen Abteilung des Erziehungsministeriums für die sogenannten „Hügeljugend“(Noar Hagvaot) versuchen in Zusammenarbeit mit örtlichen Rabbinern, demokratische und dialogbereite Einstellungen zu fördern und ein Auseinanderfallen demokratischer und jüdischer Werte zu verhindern.

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Interreligiöse Beziehungen

Religiöse Begegnungs- und Bildungsprogramme thematisieren auch den Dialog zwischen verschiedenen Religionen in Israel, vor allem zwischen Judentum, Christentum und Islam, und bieten entsprechende Lern- und Dialogprogramme an. Sie engagieren sich auch für arabisch-jüdische oder israelisch-palästinensische Verständigung.

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Fragen und Antworten

Zum Studium jüdischer Religion, Kultur und Tradition und zum Austausch mit anderen über diese Themen sind Lernportale und Internet-Foren ein ideales Medium. Das Erziehungsministerium unterstützt die Entwicklung von Räumen im Internet, in denen Interessen, Fragen und Probleme religiöser Jugendlicher verhandelt werden. Bei religiösen Jugendlichen beliebt sind Internet-Foren mit individuellen Fragen und Antworten in Form eines Zwiegespräches zwischen Surfenden und Rabbinern zu  alltäglichen Fragen der Religion und aktueller gesellschaftspolitischer Themen. Hotlines zu diesen Fragen bieten professionelle Beratung für religiöse Jugendliche und Erwachsene.

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Offene Jugendarbeit

In den vergangenen Jahrzehnten hat das politische Gewicht der traditionellen landesweiten Jugendverbände abgenommen. Die Bedeutung lokaler Gemeindestrukturen mit Jugendzentren und Jugendklubs ist dagegen gewachsen. Viele junge Menschen organisieren heute Freizeit und gesellschaftliches Engagement ohne Mitglieder in Jugendverbänden oder Parteien zu sein.

In der Offenen Jugendarbeit engagieren sich verbandsunabhängige Jugendgruppen und nichtstaatliche Organisationen. Oft spielen die örtlichen Zentren für Kultur, Jugend und Sport (Matnass, Plural: Matnassim) eine wichtige Rolle. Das sind selbstständige Einrichtungen mit hauptamtlicher und ehrenamtlicher Mitarbeiterschaft. Vor allem in kleineren Orten, Entwicklungsstädten und sozial benachteiligen Nachbarschaften bieten sie vielfältige Programme und Aktivitäten für Bevölkerungsgruppen aller Altersgruppen an. Sie verfügen über Sportanlagen, Klubräume, Kinos, Theater, Musik, Sprachkurse und ermöglichen Bildung und Freizeitaktivitäten. Häufig sind sie auch Arbeitsplatz von Freiwilligen im Rahmen ihres Zivil- oder Militärdienstes.

Unabhängige Jugend- und Gemeindezentren in freier Trägerschaft können mit dem Dachverband der Zentren für Kultur, Jugend und Sport, der Vereinigung der Gemeindezentren, zusammenarbeiten, ohne ihr formal anzugehören. Die Programmangebote der Zentren wollen Selbstbewusstsein und Engagement von Jugendlichen in ihrer Gemeinde stärken. Sie richten sich besonders an sozial und gesellschaftlich benachteiligte Gruppen.

Eine besondere israelische Form der offenen Jugendarbeit leistet der sogenannten Stadt-Kibbuz (Kibbuz Ironi). In der Regel gegründet von Mitgliedern eines etablierten Kibbuzes oder einer sozialistischen Jugendbewegung engagieren sie sich seine Mitglieder in Erziehungs- und Sozialprojekten für benachteiligte Jugendliche der jeweiligen Stadt und Region und eine gerechte Gesellschaft. Insgesamt finden sich etwa 100 derartige Lebens- und Arbeitsgemeinschaften in verschiedenen Teilen des Landes.

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Jugendinformation

Strukturen der Jugendinformation

Für Kinder und Jugendliche gibt es ein Netz staatlicher und örtlicher Informations- und Beratungsstellen. Sie richten sich vor allem an Menschen in Notsituation und an Bevölkerungsgruppen, die relativ geschlossene und von der jüdischen-säkularen Mehrheitsbevölkerung abgeschieden lebende Gruppen bilden, wie zum Beispiel die jüdische ultra-religiöse (Charedim) oder die arabisch-palästinensische Bevölkerung. Für unterschiedliche Gruppen stehen Programme in verschiedenen Sprachen zur Verfügung: Arabisch, Russisch, Englisch, Französisch, Jiddisch, Amharisch...

Zentrale landesweite staatliche Anlaufstelle für Beratung und Hilfe suchende Kinder, Jugendliche, Erziehungsberechtigte sowie Pädagog*innen ist Schefi, der Psychologische Beratungsdienst. Er arbeitet in der Verantwortung des Erziehungsministeriums mit Niederlassungen in allen Regionalbezirken. In der Verantwortung des Ministeriums für Arbeit, Wohlfahrt und Soziales und in Zusammenarbeit mit den Lokalbehörden arbeitet Schil, der allgemeine Beratungsdienst für Bürger*innen.

Von der Erziehungswissenschaftlichen Fakultät der Hebräischen Universität entwickelt wurde das Snunit Center for the Advancement of Web Based Learning. Es ist das größte pädagogische Internet-Portal für Lernmaterial in Israel.

Internationale Kooperationen

Innerhalb der UNESCO (United Nations Educational, Scientific and Cultural Organization) beschäftigen sich verschiedene Arbeitszweige, zum Beispiel Erziehung, Kultur, Wissenschaft, Soziologie, Umweltschutz, auch mit Themengebieten internationaler Jugend- und Erziehungsarbeit. Expert*innen der israelischen Regierung und israelischer Nichtregierungsorganisationen wirkten – bis zum Austritt Israels aus der UNESCO 2018 – dort mit. Die Zusammenarbeit von staatlichen und nichtstaatlichen Einrichtungen lag bis dahin in der Verantwortung der Nationalen Israelischen Kommission für die UNESCO, Präsident war der israelische Erziehungsminister.

Einem Netzwerk von UNESCO-Chairs  gehören Lehrstühle akademischer Einrichtungen aus verschiedenen Staaten an. Es dient der wissenschaftlichen Zusammenarbeit bei der gemeinsamen Entwicklung und Erprobung von Modellen internationaler und interkultureller Zusammenarbeit. Dazu gehören Forschung, Ausbildung, Information und Dokumentation. In Israel wurden verschiedene dieser internationalen Lehrstühle eingerichtet, die für Themengebiete internationaler Jugendarbeit relevant sind. An der Bar-Ilan-Universität zum Beispiel wurden am Lehrstuhl „Erziehung zu humanistischen Werten, Toleranz und Frieden“ Erziehungsmodelle zu Menschenrechten in Israel, Nahost- und Mittelmeerraum entwickelt.

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