Israel nach dem 7. Oktober – Stimmen aus Jugendarbeit und Gesellschaft
Bereits wenige Tage nach den Angriffen der Hamas auf Israel lud ConAct Fachkräfte im Deutsch-Israelischen Jugendaustausch zu einer aktuellen Stunde mit Partner*innen vom Verband der Israelischen Jugendbewegungen ein. Hierbei wurden der Bedarf und das Interesse deutlich, in dieser Krisenzeit im engen Austausch miteinander und mit ConAct zu stehen und Stimmen aus Israel zu hören. Vor diesem Hintergrund finden seit Oktober 2023 regelmäßig digitale Angebote von ConAct mit Menschen aus der israelischen Jugendarbeit und Gesellschaft statt.
Gespräch mit Ilana Tzuk aus Kfar Aza. Am 22. Oktober setzte ConAct die Gesprächsreihe mit Ilana Tzuk fort. Die 61-jährige zog vor 8 Jahren in den Kibbuz Kfar Aza. Dort leitete sie das Bildungssystem. Nachdem der Kibbuz besonders schwer von dem Terrorangriff der Hamas am 7. Oktober 2023 betroffen war, wurden seine Bewohner evakuiert. Ilana übernahm die Verantwortung für den Wiederaufbau des Kindergarten- und Schulsystems in den Evakuierungszentren.
Wiederaufbau. Bereits drei Tage nach dem Massaker, bei dem 64 der 950 Bewohner getötet und 19 entführt worden waren, eröffneten Ilana und ihr Team die ersten Betreuungseinrichtungen am Zufluchtsort. Zunächst ging es darum, den traumatisierten Kindern und Jugendlichen wieder einen strukturierten Tagesablauf zu garantieren. Zahlreiche informelle Sport- und Spielangebote boten kurze Momente der Unbeschwertheit. Die jungen Menschen, darunter auch jene, die für mehr als 50 Tage als Geiseln in den Gazastreifen verschleppt worden waren, erhielten zudem therapeutische Betreuung und konnten durch Kunstworkshops oder tiergestützte Therapien einen Umgang mit ihren Traumata finden.
Wissen weitergeben. Ihre Erfahrungen mit dem Aufbau eines Bildungssystems in Notzeiten hielt Ilana in einer Broschüre fest. Basierend auf Interviews mit ihren Mitstreiter*innen zeigt sie die pädagogischen Prinzipien und praktischen Werkzeuge auf, die zum Erfolg beigetragen haben. Dabei betont sie, dass die Frage „Was ist das Beste für die Kinder?“ im Mittelpunkt aller Entscheidungen stand – auch wenn das auf den ersten Blick selbstverständlich erscheint. Dazu gehört beispielsweise auch die Frage nach einer angemessenen Ernährung, die ebenfalls entscheidend für den Erfolg ihrer Arbeit war.
Auf die Frage, woher sie die Kraft für ihr Handeln nehme, antwortete Ilana: „Es tut gut, anderen zu helfen.“ Dieser Gedanke spiegelt sich auch in kleinen Dingen wider, etwa wenn Jugendlichen alltägliche Aufgaben übertragen werden, um ihr Vertrauen in die eigene Wirksamkeit zu stärken. Mit der Weitergabe ihrer Erfahrungen möchte Ilana ebenfalls anderen Menschen helfen. So können beispielsweise evakuierte Gemeinschaften aus dem Norden des Landes von den Erkenntnissen aus Kfar Aza profitieren.
Als eine der ersten Bewohner kehrten Ilana und ihr Ehemann wieder nach Kfar Aza zurück. Über ihre Erfahrungen haben sie und weitere Bewohner mit einem Journalisten der Zeitung taz gesprochen: taz-Artikel: “Wohin nach dem Bruch?”
Sie haben ein Gespräch verpasst? Alle Berichte zu unserer Gesprächsreihe finden Sie hier im Überblick:
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