15 Jahre – 15 Geschichten. Ein Jubiläums-Kalender.

29. November

15. Geschichte: Sederabend mit 20 Verwandten

Am Sederabend, der mitten in unsere Austauschzeit in Israel fiel, trafen wir uns am Morgen mit vielen anderen Jugendlichen aus unserer Delegaton, um gemeinsam nach Tel Aviv zu fahren. Es war der erste „freie“ Tag, und wir genossen den tollen Strand und das Mittelmeer gemeinsam mit unseren israelischen Gastschülern. Am frühen Nachmittag mussten wir uns dann beeilen, den letzten Bus zu erreichen – wegen des Feiertags fuhren sie heute nicht so lange.

Als ich wieder bei meiner Gastfamilie ankam, erwartete mich Besuch von 20 Verwandten, darunter Großeltern, Tanten, Onkel und nicht zu vergessen Cousins und Cousinen. Schon den ganzen Tag waren meine Gasteltern damit beschäftigt gewesen, das Haus sauber zu machen und Essen zu kochen. Meine Gastschwester Daniel stellte mich allen Verwandten vor, die schon sehr gespannt darauf waren, mich kennen zu lernen. Mit den meisten von ihnen schaffte ich es auch im Laufe des Abends, mich zu unterhalten.

Bevor wir dann das Essen starteten, lasen alle gemeinsam aus der Haggada, die vom Auszug aus Ägypten handelt, vor. Ich bekam eine englische Version; so wusste ich immer genau, an welcher Stelle wir gerade waren. Ich bemerkte, wie am Schluss alle immer schneller lasen, weil sie endlich essen wollten. Traditionell isst man am Sederabend neben normalem Essen auch Matze und Bitterkraut, welches man zuvor in Salzwasser taucht.

Alle Verwandten waren sehr nett zu mir und stellten mir unzählige Fragen zu Deutschland. Eine solche Offenheit und Toleranz, auch von den Großeltern, hatte ich aufgrund von Deutschlands Vergangenheit nicht erwartet. Das war bewegend!

Kristina J.
Teilnehmerin an einer Jugendbegegnung der Stadt Georgsmarienhütte mit Ramat HaSharon

28. November

14. Geschichte: Being “there” – together with the German kids

Last year when I was in 10th grade, I was in Germany in my school's delegation. I'd like to share with you some of the things we experienced together with the kids from Germany. Besides the fun of being hosted by a family I did not know and being abroad with friends , the subject of the Holocaust made this visit very meaningful, emotional  and very important to me. When we were in Berlin, we visited the Holocaust memorial, it is a very impressive memorial and the message it conveys is very powerful. We walked into the museum which is under the memorial and we went through a most difficult experience. The pictures, the letters of victims who were murdered, the whole place, made it such an overwhelming experience. In the end of the tour we had the opportunity to look up names of relatives documented in the Yad Vashem web site. I used this opportunity and was surprised to find quite a few names of family members.  I never knew that my grandfather had filled in the details of his parents and other relatives. It was a very emotional moment for me to see my grandfather's name, handwriting and signature. The German kids who were with us stood at a distance from me and seemed embarrassed. Although they didn't come close to me I saw clearly that they were supportive of me and not at all of the horrible deeds of their own people in the war. I felt that we, the Israeli youth and the German youth have many things in common. It felt good to know that.

During the visit to Germany we went to the Sachsenhausen concentration camp. This was the most emotional part of the whole journey. I felt physically sick just to think that I was standing where thousands of people, perhaps even more, suffered so much and died a terrible death. It was appalling to think about that. The response of the German boys and girls surprised me, I must say. I did not think they would connect to what we saw in that place and get so sad and upset. We all cried together during the service we held at the site.... At that moment I knew that I had made the right decision to join the delegation. I will never forget those moments at Sachsenhausen; I will never forget that terrible place.

Tal Shpater
Israelische Teilnehmerin an einem Austausch mit dem Jugendrotkreuz Darmstadt

27. November

13. Geschichte:

Morgens um 04.00 Uhr beim Frühstück in Shoham

Einige Male war die junge Dame mit jungen Leuten zum Austausch in Shoham und in Deutschland dabei. Alles verlief bestens. Einige Jahre später war sie erneut in Israel. Diesmal mit einigen jungen Leuten, inzwischen allesamt Lehrer/-innen. Die Maschine landete etwa um 03.00 Uhr in der Frühe. Sofort lud die Gastfamilie aus Shoham alle zum Frühstück ins eigene Haus ein, und das morgens um 04.00 Uhr. Tief beeindruckt machten sich die jungen Leute nach einer kurzen Ruhepause wieder auf, um einmal anders Land und Leute kennen zu lernen.

Ein freundlicher Boxer in Shoham in Israel

Da waren wir nun erneut zum Jugendaustausch in Shoham in Israel. Die 5- jährige musste ihr Zimmer räumen, damit der alte Mann aus Ahaus eine Unterkunft hatte. Das fand der Hund der Familie, ein freundlicher Boxer, wohl nicht so nett. In der Frühe gegen 3 Uhr schauten mich zwei grüne Augen durchdringend an und dann, oh Schreck, zog der Boxer mir seine Zunge durchs Gesicht. Ab da war die Beziehung geklärt. „Er“ hatte keine Einwände mehr gegen meinen 10- tägigen Aufenthalt.

Josef Korthues
Verein zur Förderung der Jugend- u. Familienarbeit St. Josef Ahaus e.V.

26. November

12. Geschichte: Tagebuchauszüge einer Israelgegegnung

2. Mai: Abreise
Wir sind bereit: Gleich fliegt unsere Delegation nach Tel-Aviv/Israel. Bis zum 11. Mai sind wir bei unseren Freund/-innen des Gewerkschaftsbundes „Histadrut“ zu Gast. Wir freuen uns auf viele neue Eindrücke.

5. Mai: Wasserwerk in Sderot und Gedenkarbeit in Israel
Für uns war es ein unheimlich bewegender Tag in Israel: Lachen und Weinen lagen dicht beieinander. Die muntere Fahrt nach Sderot haben wir für die israelischen Holocaust-Gedenkminuten zum Yom HaShoa um 10:00 Uhr unterbrochen. Danach der Besuch des Betriebsrats eines Wasserversorgungswerks vor Ort -- nah am Gazastreifen, direkt in der Schusslinie von Raketen. Nachmittags ging es zurück nach Tel-Aviv. In einem Zentrum der sozialistisch-zionistischen „HaNoar HaOved VeHaLomed“ haben wir Einblicke in ihr Jugendgedenkstätten-Programm bekommen. Jährlich besuchen 50.000 junge Israelis die deutschen Vernichtungslager in Polen – das wussten wir zuvor noch nicht.

7. Mai: Kibbutz und Totes Meer
Tagestour in ein kleines Paradies: Morgens war unsere Delegation im Kibbuz Almog. Mitglieder des Jugendbundes „Dror Israel“ leben dort als Wohngruppe. Sie versuchen, durch ihre Arbeit den sozialistisch-zionistischen Kibbuz-Charakter mit neuem Leben zu füllen. Am Herzen liegt ihnen dabei, im Einklang mit palästinensischen Nachbar/-innen zu leben. Nachmittags durften wir am Toten Meer baden. Ein einzigartiges Schwimmerlebnis -- mehr als 400m unter dem Meeresspiegel!

9. Mai: Zu Gast bei der „Histadrut“
Besuch im „Histadrut“-Hauptquartier: Unsere Freund/-innen des israelischen Gewerkschaftsbundes haben uns heute in ihrer Zentrale empfangen. Der Histadrut-Regionsvorsitzende Gershon Gelman und sein Stellvertreter Zvika Sapir nahmen sich viel Zeit für unser Gespräch. Anschließend trafen wir eine Delegation der NRW Jusos und Menschen vom „Willy Brandt Center“ in Jerusalem. Gemeinsam diskutierten wir mit Avital Shapira, Leiterin der internationalen Abteilung der Histadrut. Thema war auch die Kooperation zwischen palästinensischem Gewerkschaftsbund PGFTU und Histadrut. Beide kooperieren immer stärker. Frieden ist das Ziel.

Jugend des Deutschen Gewerkschaftsbundes – Bezirk Nordrhein-Westfalen

25. November

11. Geschichte: Ein Straßenrennen in Bat Yam

Während eines dreiwöchigen Schüleraustausches haben Schüler/-innen aus Ostfriesland ihre Partner­schule besucht und an deren Straßenrennen teilgenommen. Austauschprojekte macht man unter anderem deshalb, damit man Ähnlichkeiten und Unter­schiede kennenlernt. Straßenrennen kannten wir prinzipiell, aber in Is­rael war alles anders. Spaß gemacht hat es allen Beteiligten dennoch – oder gerade deshalb.

Am Vortag hatten wir das Schul-T-Shirt bekommen. Das war schon mal ein schönes Souvenir. Gegen 8.00 Uhr sollten wir uns bei der Schule treffen. „Yomshishi“ (hebräischer Deckname für unseren Lehrer) hatte uns aber auch gleich ermuntert, lieber nicht vor 8.30 Uhr zu er­scheinen. Gegen 9.00 Uhr waren alle noch weit entfernt von einem Rennstart. Stattdessen herrschte ein buntes Treiben auf dem Schulhof, auf sich alle Klassen trafen, kostümierten, Schilder malten usw. Aus Lautsprechern dröhnte Musik, dann und wann kam eine hebräische Durchsage, die wir nicht verstanden, aber von den Israelis schien auch niemand darauf zu reagieren. Wann etwas passieren würde, wusste niemand ge­nau. Aber nach unserer Erfahrung würden wir es sicher merken, wenn es soweit wäre.

Gegen 10.30 Uhr bekamen wir noch Trillerpfeifen zum Tröten und buntes Krepp-Papier, um unser Aussehen etwas weniger seriös-deutsch zu gestalten. Es ging dann auch zum Start. Die Einzelstarter/-innen zu­erst, die Gruppenstarter/-innen später. Die Trikotnummern reichten nicht, aber wir konnten auch ohne starten. Dazu gab es mehrere Anläufe: aufstel­len, warten, Autoverkehr war noch nicht gesperrt; nochmal, da fehlte wohl noch jemand; nochmal, Anruf über Funksprechgerät, am Ziel ist noch nicht alles klar; nochmal, Fehlstart, Frühstarter werden zurückgepfiffen; nochmal, Fehlstart, aber diesmal geht's weiter. Etwas über 2000 Meter bergab.

Beim Durchlauf am Ziel gibt es zunächst eine Überraschung, zwei un­serer Jungen können sich unter den ersten Zehn platzieren, Frauke ist sogar erstes Mädchen am Ziel. Aber die Lehrer/-innen, die den Zieleinlauf koordinierten, wussten wohl nicht, dass die Deutschen mitmachten und gaben keine Platzierungs­nummer an uns aus. Empörung bei den drei erfolgreichen Läufer/-innen. Reaktion von Yomshishi: „lhr wisst doch, wie das hier ist, die reparieren das schon!“ Und tatsächlich – bei der Siegerehrung im Bat Yamer Stadion wird „unsere Erste“ tatsächlich als solche aufgerufen und geehrt. Und unse­re ganze Austauschgruppe bekommt obendrein noch eine eigene Aner­kennungstafel (das muss vorbereitet gewesen sein!). Das war dann mal ein Sportfest ganz anderer Art. Wir hatten da an­fangs wohl wieder mal irgendetwas zu ernst genommen und am Ende hat alles noch funktioniert und alle hatten eine Menge Spaß.

Helge R.
Deutsch-Israelische Gesellschaft, Arbeitsgemeinschaft Ostfriesland

24. November

10. Geschichte: Mit der Straßenbahn nach Yad Vaschem 

Ich bin 2011 mit einer Jugendgruppe aus Berlin-Hellersdorf in Begleitung von Frank durch Israel gefahren. Wir waren am Toten Meer, in Akko, auf dem Golan, in Galiläa, in Zfat, das ich liebe – und dann kamen wir nach Jerusalem. Natürlich. Da und dort. Altstadt, Neustadt, Straßenbahn, Yad Vaschem. Immer und immer wieder ein Schock. Ich kenne die Geschichten von manchen, die da im Video gezeigt werden, genau, kenne sie auch als nahe Menschen: Roman Frister, den unbestechlich Ehrlichen auch über sich selbst und über das, was ihm da passiert ist, angetan wurde im Alter von 15 Jahren, Nahum Bandel, der im Internierungslager auf Zypern malen gelernt hat – und immer und immer wieder malte: Auschwitz, Magdeburg, Dr. Mengele. Nahum vor Josef Mengele. Man wird diese Geschichte nicht los. Ich höre ihnen zu, den Zeitzeug/-innen – ich sehe die Bilder von Nahum oder Edith Kiss.

Das ist unsere Geschichte – da sind unsere Vorfahren, da marschierte im Gleichschritt unser williges Helfervolk. Deutschland war Braunschweig, war braun oder schwieg. Und Hitler kündigt in dem Filmdokument die Vernichtung der jüdischen Rasse an. Wir gehen durch die Ausstellung- mit den vielen Menschen aus Israel, aus aller Welt – und plötzlich sagen mir die Jugendlichen: Es ist hier nicht angenehm, deutsch zu sprechen und die deutschen Worte da in den Dokumenten zu verstehen.

Ich gehe durch die Ausstellung, bleibe da oder dort stehen, höre, sehe, spüre die Nähe der Menschen, der jungen Soldaten neben mir. Nein, es ist nicht angenehm, jetzt deutsch zu sprechen. Und dann lese ich die Texte über Heydrich, Eichmann  - und die vielen anderen – und auch über Bulgarien oder die Dänen, das sich nicht zwingen ließen, willige Vollstrecker zu werden. Ich lese das und bin in mir versunken. Und die Jugendlichen neben mir sind auch in sich versunken, betroffen und manche weinen. Andere tun so, als wären sie cool – es ist ja nicht unsere Zeit und unsere Geschichte, nicht die von uns Jüngeren jedenfalls. Ja, es gibt das Abblocken. Ich lass das nicht an mich heran, nicht in meine Seele. Party in Tel Aviv ist mir lieber. So kommt doch, lasst uns gehen.

Und dann gehen wir mit Tamar Landau durch den Park und zur Halle des Gedenkens und zur Gedenkstätte für 1,5 Millionen Kinder. Abgebrochene Stelen, abgebroche Leben – ich habe jedes Mal einen Druck in der Magengegend und in der Seele, wenn wir hier hineingehen. Und dann stehen wir im Dunkeln und hören die dumpfe Musik und die Stimmen in englisch, hebräisch, jiddisch. Tamar hat uns nur bis zum Eingang gebracht – hindurchgehen müssen wir alleine. Ich gehe hinein – und bleibe irgendwo stehen – lausche auf die Namen und in mich hinein. Und die Jugendlichen unserer Gruppe? Manche sind erschrocken, traurig, fassungslos, weinen. Und dann kommen israelische Jugendliche hinein - stürmisch, lachen, gehen schnell hindurch, knutschen sich schnell mal im Dunkeln. Sie kennen das. Diese Geschichten haben sie zigmal gehört, gesehen, für sie nichts Neues. Lehrerinnen versuchen, sie zur Ruhe zu bringen, manchmal gelingt es, oft nicht.

Aber draußen, hinter der Ecke, da finden wir uns alle wieder. Tamar ist da, die israelischen Jugendlichen, unsere Gruppe und die Skulptur von Janusz Korzcak und seinen Kindern. Was ist das? Da wird seine Geschichte erzählt, – und etwas über seine wunderbaren Bücher für Kinder, sein für seine Waisenkinder gelebtes Leben, das mit ihnen in Treblinka durch Deutsche endete. Und dann sitzen wir noch mit Tamar zusammen. Wir hören ihr zu, die mit gerade mal 15 Jahren auf dem Todesmarsch war und dann in Bergen-Belsen, kurz vor dem sich nähernden  Tod ihren Simcha traf und sich dann gemeinsam mit ihm später aufmachte nach Israel. Hier leben sie – und sind bereit, uns und unsere Gruppe zu treffen und sich befragen zu lassen.

Diese Begegnung – solche Begegnungen sind es, die sich in der Seele festhaken und bleiben: traurig, befreiend, ehrlich, Anstöße für immer zu fragen und nochmals zu fragen, sich nicht  betrügen zu lassen über das, was da war - und wach und mutig zu werden, für das was da wird. 

In unserer Gruppe waren Jugendliche aus der Türkei und Berlin, auch Kinder von Migrant/-innen von sonstwo, aber hier waren sie dann vor allem Jugendliche. Die meisten haben sich Lernerfahrungen nicht verweigert, aber einige haben das alles erst einmal weit weggeschoben. Da lockte die Party in Tel Aviv denn doch zu sehr.

Rudi-Karl Pahnke
Ehem. Studienleiter der Evangelischen Akademie Berlin-Brandenburg
Institut Neue Impulse e.V

23. November

9. Geschichte: It's true, we'll make a better day

„We are the world, we are the children
We are the ones who make a brighter day so let's start giving
There's a choice we're making, we're saving our own lives
It's true we'll make a better day just you and me“.

Wir standen Arm in Arm im Kreis in einem Restaurant des Europaparks Rust und sangen dieses Lied. Die Tränen flossen bei 14 Schüler/-innen aus Emmendingen bei Freiburg, sieben israelischen Schüler/-innen aus Matan nördlich von Tel Aviv und sieben palästinensischen Schüler/-innen des Schulzentrums Talitha Kumi in Beit Jala bei Bethlehem. Diese internationale Zusammensetzung macht den Schüleraustausch des Fördervereins der Gewerblichen und Hauswirtschaftlich-Sozialpflegerischen Schulen Emmendingen (GHSE) mit dem israelischen Partnerlandkreis Drom Hasheron und dem Schulzentrum Talitha Kumi so außergewöhnlich. Das Konzept des Schüleraustauschs beruht auf Begegnung und dem gegenseitigen Kennenlernen.    

Ich war damals Schüler der zwölften Klasse und Teilnehmer des Schüleraustauschs im Herbst 2012. Meine Austauschschülerin, Maja, 16 Jahre aus dem kleinen Dorf Matan, war zu diesem Zeitpunkt seit 12 Tagen zu Besuch bei mir und meiner Familie. Ein vielfältiges aber straffes Programm lag hinter uns: Besichtigung der Sehenswürdigkeiten des Landkreises und anderer regionaler Höhepunkte wie dem Rheinfall von Schaffhausen, eine Wanderung in Grindelwald am Fuße der Eiger Nordwand und Ausflüge nach Straßburg und Freiburg. Für die israelischen Schüler/-innen gehörte auch der obligatorische wie notwendige Besuch des Konzentrationslagers Natzweiler-Struthof im Elsass zum Programm. Doch sind dies nicht die Programmpunkte, die diesen Schüleraustausch besonders und wertvoll machen lassen. „Zur Aussöhnung zwischen Deutschland und Israel gehört auch die Arbeit an der Aussöhnung zwischen Israelis und Palästinenser/-innen.“, so versteht Initiator und Organisator Helmut Reibold den Austausch. Außergewöhnlich ist die Begegnung zwischen Jugendlichen beider Völker. Sie wäre vor Ort gar nicht oder nur mit großen Hürden möglich. So waren folgende Programmpunkte die wirklich wichtigen Highlights der Begegnung: Am ersten Morgen trafen sich alle 28 Jugendliche in der Schule gemeinsam mit einem arabischen Israeli, der seit vielen Jahren in Deutschland lebt und als Psychoanalytiker arbeitet. Geschickt leitete er eine von Zweifeln und Misstrauen geprägte Kennlernrunde, brachte aufflammende Diskussionen gekonnt und friedlich zu einem schnellen Ende. Für einen späteren Zeitpunkt sollten wir sie uns aufheben, so meinte er. Anschließend studierten wir unter Anleitung des Musiklehrers der GHSE gemeinsam Lieder ein: ein israelisches Friedenslied, ein palästinensisches Volkslied, einen deutschen Klassiker und den oben erwähnten „Earth Song“. Groß war die Freude, waren doch im israelischen Friedenslied auch zwei Zeilen auf Arabisch. Diese Freude wuchs in den nächsten Tagen. Es wurde miteinander gekocht (israelisch und arabisch), miteinander Sport getrieben, miteinander Party gefeiert, miteinander gelacht und vor allem miteinander geredet. Aus Spaß wurde gemeinsamer Spaß, aus Freude wurde Freundschaft. Diese zeigte sich bei einer gemeinsamen Kanutour. Ein deutscher, ein israelischer und ein palästinensischer Schüler teilten sich ein Boot. Wild und fröhlich ging es zu auf dem ruhigen Gewässer des Altrheins. Und dann kam der letzte Tag. Ein gemeinsamer Ausflug in den Europapark, Deutschlands größten Freizeitpark. Neben den Attraktionen und Fahrgeschäften stand das Miteinander im Vordergrund dieses heiteren Tages, der sein Ende mit einem gemeinsamen Festessen in einem der Restaurants fand. Trotz hervorragenden Essens trübte sich die Stimmung, war es doch der letzte Tag, an dem sich neue Freunde sehen konnten. Wir stellten uns im Kreis auf, sangen die einstudierten Lieder und weinten. Weinten, weil wir genau wussten, dass die Freundschaften zwischen den israelischen und den palästinensischen Schüler/-innen nur schwer werden halten können. Inzwischen hatten sie sich über die sozialen Netzwerke befreundet. Doch war es perspektivlos, da ein Treffen durch Mauern, Zäune und Checkpoints nahezu unmöglich ist. Einige der Schüler/-innen aus allen Ländern wollten gar die letzte Nacht gemeinsam in der Schulturnhalle verbringen. Doch zu früh ging es am nächsten Morgen zum Flughafen.

Zwei Wochen später folgte der zweite Teil des Austauschs. Gemeinsam flogen 14 deutsche Schüler/-innen mit zwei begleitenden Lehrern nach Tel Aviv. Dort teilten sich die Gruppen auf. Sieben Schüler/-innen fuhren nach Bethlehem, sieben nach Drom Hasheron. Von diesen zwei Orten ging es für uns durch das ganze Land. Sämtliche touristische, politische und religiöse Höhepunkte, die das Heilige Land zu bieten hat, waren Teil des Programms. Dazu kam auch ein Empfang mit Gespräch mit dem Landrat Drom Hasherons, der auch auf kritische Fragen sich zu antworten bemühte. Wichtiger Bestandteil des Austauschs waren auch die gegenseitigen Besuche mit Übernachtung in Beit Jala und Matan. Reibold ist es sehr wichtig, dass alle deutschen Schüler/-innen die Möglichkeit bekommen, beide Seiten zu sehen und sich so ein möglichst objektives Bild von der Situation zu machen. Dazu reiche es nicht aus, nur die Geburtskirche in Bethlehem zu sehen.

Es hat eine Weile gedauert, bis ich den Sinn und den eigentlichen Gewinn des Austauschs erkannt habe. Es sind nicht die deutschen Schüler/-innen. Nicht Yad Vashem, das Tote Meer, der Felsendom, die Klagemauer oder der See Genezareth sind die Highlights des Austauschs. Es sind die Freundschaften, die entstehen können. Nicht immer klappt das. 2012 kam es noch im gleichen Herbst zu großen Auseinandersetzungen, gerade zwischen den israelischen und den palästinensischen Schüler/-innen. Grund dafür war der Gaza-Krieg im November und gegenseitige Anschuldigungen. In manchen Jahren sind die Vorurteile viel zu groß, sodass es von vorn herein zu großen Schwierigkeiten kommt. Doch genau hierin liegt das Problem. Wenn Vorurteile bestehen, braucht es Mut, Mauern zu überspringen und durch Austausch diese Vorurteile abzubauen. Je länger damit gewartet wird, desto größer muss der Mut sein. Auch der notwendige Mut auf der deutschen Seite muss immer größer werden, denn durch größere Vorurteile wird auch der Konflikt zwischen Israelis und Palästinenser/-innen und somit das Risiko für einen Schüleraustausch größer.

Ich ging in den Schüleraustausch mit einer Menge Vorurteile. Ich traute mich nicht, klar zu sagen, dass ich mich auch über einen palästinensischen Austauschschüler freuen würde. Der Schüleraustausch belehrte mich eines Besseren. So entschied ich mich, nach dem Abitur im Jahr 2014 einen Freiwilligendienst in den Palästinensischen Gebieten zu leisten. Ich bewarb mich beim Berliner Missionswerk, Schulträger von Talitha Kumi. Dieses entsandte mich in die Evangelisch-Lutherische Schule in Beit Sahour, unweit von Bethlehem. Als eine von etwa zehn Schulen in den Palästinensischen Gebieten wird dort die Fremdsprache Deutsch unterrichtet. Unterstützt wird dies durch das Zentrum für Auslandsschulwesen (ZfA). Dort arbeitete ich als Deutschlehrerassistent. Ziel dieses Unterrichts ist es unter anderem, die Schüler/-innen zur Selbstständigkeit zu erziehen. Dadurch, dass mit Deutsch eine weitere Fremdsprache gelernt wird, werden den Schüler/-innen Möglichkeiten eröffnet. Möglichkeiten, über den Tellerrand hinauszublicken. Möglichkeiten, über Mauern hinwegzublicken. Einige der Schüler/-innen streben gar ein Studium in Deutschland an.

Studieren in Deutschland, diese Möglichkeit bekommt jedes Jahr eine Person aus Drom Hasheron und eine aus Talitha Kumi. Kein Vollstudium, sondern die Teilnahme an der Sommeruni der Universität Freiburg wird ihnen durch den Landkreis Emmendingen und die Stadt Emmendingen ermöglicht. Unterkunft und Teilnahme am Sprach- und Kulturprogramm werden durch den Landkreis, die Stadt und Ehrenamtliche übernommen. Auch bei diesem Projekt legt Reibold viel Wert auf die Begegnung - mit Erfolg, denn wahre Freundschaften sind hierdurch in den vergangenen Jahren entstanden.

Seit dem Jahr 2002 finden Schüleraustausche mit dem Landkreis Drom Hasheron statt. 2007 entsandte erstmals auch Talitha Kumi Schüler/-innen nach Emmendingen. Aus dem Schüleraustausch entstand im Jahr 2008 eine Landkreispartnerschaft zwischen Emmendingen und Drom Hasheron, die durch gegenseitige Besuche verschiedener Delegationen ständig gepflegt wird. Studienreisen des israelischen Kraftfahrzeugverbands nach Emmendingen und in die großen Automobilkonzerne des Südwestens sowie Bürgerreisen ins Heilige Land, organisiert durch die Volkshochschule Emmendingen, entstanden auf diese Weise. 2015 wurde eine mehrtägige Tagung anlässlich des 40-jährigen Bestehens diplomatischer Beziehungen zwischen Deutschland und Israel durch das Baden-Württembergische Kultusministerium in Emmendingen veranstaltet.

All dies wird auch initiiert, um die Thematik des Nahen Ostens nicht zu vergessen. Viele Menschen aus Emmendingen und der Umgebung haben durch verschiedene Aktionen persönliche Beziehungen ins Heilige Land aufgebaut. Viele Freundschaften sind entstanden. Ich hatte das Glück, in einem intensiven Jahr sehr intensive freundschaftliche Beziehungen mit Menschen aus dem Heiligen Land, vor allem aus den palästinensischen Gebieten,  aufzubauen. Zum Abschied äußerten viele dieser Freunde einen Wunsch: „Vergesst uns nicht“. Wenn wir über deutsch-israelischen Austausch sprechen, dann ist es nicht genug, über einen Besuch touristischer Highlights zu reden. Es ist auch nicht genug, über Aussöhnung zwischen Deutschland und Israel nachzudenken. Es braucht mehr. Es braucht Mut, auch einmal einen Blick über die Mauer zu wagen. Es braucht den Mut, mit allen Beteiligten zu sprechen und sich nicht abschrecken zu lassen von Schreckensmeldungen und Abschreckungsmeldungen.

Seit zwei Jahren ist fester Bestandteil des Schüleraustauschs eine Diskussionsveranstaltung im Willy-Brandt-Center Jerusalem. An dieser Diskussion nehmen außer den deutschen Schüler/-innen auch Vertreter von Jugendorganisationen israelischer und palästinensischer Parteien teil. Ein tolles Projekt, wie ich finde, denn wo sonst diskutiert die Jugend als politische Zukunft offen, ehrlich und friedlich über die Zukunft des Heiligen Landes. Für deutsche Schüler/-innen ist das ein bereichernder Einblick. Denn für die jungen Israelinnen und Palästinenserinnen ist eine Sache klar: Sie leben gemeinsam in einer Welt. Und sie sind es, die die Welt verändern, ja verbessern können. Gemeinsam wollen sie etwas bewegen. Ein Schüleraustausch kann hierfür ein großartiger Türöffner sein, damit mehr Jugendliche die Chance der Kooperation erkennen. Damit mehr Jugendliche gemeinsam Spaß haben und singen können: „It's true we'll make a better day just you and me“.

Andreas Jenne
Förderverein der Gewerblichen und Hauswirtschaftlich-Sozialpflegerischen Schulen Emmendingen

22. November

8. Geschichte: Die perfekte Tarnung

Bei unserem ersten israelisch-polnisch-deutschen Projekt bestand die „Municipality of Jerusalem“ – als Verantwortliche auf der israelischen Seite – darauf, dass die israelischen Jugendlichen in Polen von einem Sicherheitsdienst geschützt würden. Dieser sollte bei unserem Städtebesuch in Wroclaw zu uns stoßen, erschien aber nicht. Als wir am Abend desselben Tages in der Internationalen Jugendbegegnungsstätte in Oswiecim ankamen, saß dort im Eingangsbereich ein Mann, der uns irgendwie bekannt vorkam. Wir erinnerten uns, dass wir ihn in Wroclaw am Eingang des jüdischen Friedhofs schon gesehen hatten. Es stellte sich heraus, dass er der beauftragte Sicherheitsmann für unsere israelischen Jugendlichen war. Er hatte seine „Schützlinge“ in Wroclaw aber nicht als solche erkannt, weil sie Teil einer israelisch-polnisch-deutschen Gruppe waren und nicht als israelische Jugendliche zu identifizieren waren. Dies war für uns der Beleg, dass eine gemischt-nationale Gruppe der beste Schutz für die israelischen Jugendlichen war!

Christiane Lähnemann
Ev. Jugend Magdeburg

21. November

7. Geschichte: Verstehen und verhindern – Impressionen des deutsch-israelischen-polnischen Fachkräfteseminars der Jugendringe, 70 Jahre nach Auschwitz

Wann hast du zum ersten Mal von Auschwitz und vom Holocaust gehört? Auf diese Frage gab es so viele persönliche Antworten wie Teilnehmer/-innen am Seminar zum Gedenken an die Befreiung von Auschwitz vor 70 Jahren im Januar 2015. Israelis hören bereits in Kindertagen die Sirenen am Memorial Day, die das Leben für eine Minute zum Stillstand bringen. Für Deutsche sind es Äußerungen über Schuld und Verantwortung im Schulunterricht. Und auch die Pol/-innen erfahren normalerweise erst als Jugendliche vom Holocaust.

Der Deutsche Bundesjugendring, der israelische Jugendring „Council of Youth Movements in Israel“ (CYMI) und der polnische Jugendring „Polska Rada Organizacji Młodzieżowych“ (PROM) wagten einen Diskurs über Erinnerungsarbeit in und zwischen ihren Gesellschaften. Was bedeutet Auschwitz für mich? Mit persönlichen Gedanken starteten die rund 100 Teilnehmer/-innen aus Deutschland, Israel, Polen, Österreich und Tschechien in das viertägige Seminar. Sie sprachen auch über die Rolle und Aufgabe von Jugendleiter/-innen. Zwischen Familiengeschichte und kollektivem Erinnern, zwischen persönlichem und gesellschaftlichem Blick lagen die Ansätze. Was wichtig erscheint: Eine Haltung  zum Holocaust entwickeln die meisten Menschen erst in der Jugend. Die Jugendverbände und Jugendbewegungen übernehmen deswegen Verantwortung. Sie erinnern – alle auf ihre Weise. Auf dem Fachkräfteseminar arbeiteten nun junge Israelis, Deutsche und Polen miteinander an zeitgemäßen Formen dieses Erinnerns. „Wir müssen verstehen, was das Geschehene möglich gemacht hat – und wie es durch uns junge Menschen verhindert werden kann!“, sagte Immanuel Benz, stellvertretende Vorsitzender des Deutschen Bundesjugendrings bei der Eröffnung des Seminars in Krakau.

Die jungen Menschen beim Seminar sprachen nicht nur miteinander. Sie besuchten gemeinsam die Gedenkstätte Auschwitz: das Betreten von Räumen, in denen Menschen durch Zyankali starben; der Blick auf sieben Tonnen Frauenhaar, auf unzählige  Koffer, Schuhe und Zahnbürsten; der Ruß an der Decke des Krematoriums; die Wachtürme, Stacheldrähte und Galgen; die Rampe an den Gleisen in Birkenau und die Weite des Lagers. Sie beeindruckten und berührten. Im jüdischen Block 27 der Gedenkstätte Auschwitz erinnern Filme und Bilder an die Menschen, die von den Nazis vernichtet wurden. Die Nazi-Ideologie donnert aus Lautsprechern und blitzt aus Bildschirmen. Und dann ist da der Raum der Kinder: weiß mit zarten Bleistiftzeichnungen von Angst, Flucht, Deportation und Tod. Das „Buch der Namen“ füllt einen ganzen Raum: Viele Teilnehmer/-innen suchen darin nach ihrem Familiennamen. Es sind vor allem die persönlichen Momente beim gemeinsamen Besuch der Gedenkstätte, die prägen. 

In der Reflexion des Besuchs von Auschwitz geht es um Vergebung und  Verantwortung, aber auch immer wieder um den Blick in die Zukunft, um die Herausforderung für die Jugendbewegung in allen Ländern. Bevor zum Abschluss des Seminars alle Jugendringe Kränze zum Gedenken am Ort der Vernichtung niederlegen, gemeinsam beten und Gedanken über das Seminar teilen, bevor die Jugendringe ihre gemeinsame Erklärung unterzeichnen, erzählt Asher Oud (der in diesem Jahr verstorben ist). Er berichtet als Zeitzeuge von seiner Kindheit im Ghetto Lodz, von Selektion und Deportation, von den Lagern Auschwitz, Mauthausen, Gunskirchen, vom Todesmarsch, von den Schlägen, Demütigungen und vom täglichen Tod im Leben eines jungen Menschen. Und er erzählt von seinem Sieg: Er hat überlebt, eine Familie gegründet. Sein Sieg ist, von der Zeit berichten und in die Gesichter junger Menschen schauen zu können. 70 Jahre nach Auschwitz wird aus Vergangenheit Gegenwart. Es  ist unsere Aufgabe, über den Holocaust zu informieren, Erinnern möglich zu machen, Empathie für andere Menschen zu wecken, Stereotype kritisch zu hinterfragen und engagiert gegen Rassismus, Hass und Gewalt zu sein. Es ist wichtig, dies miteinander zu leisten, mit unseren unterschiedlichen Perspektiven auf den Holocaust in Deutschland, in Israel und in Polen, in Österreich und Tschechien, in vielen anderen europäischen Ländern. Dies unterstreichen die Jugendringe zum Abschluss des trilateralen Fachkräfteseminars in einer gemeinsamen Erklärung.

Deutscher Bundesjugendring & Council of Youth Movements in Israel

20. November

6. Geschichte: Unerschöpflicher Pool an guten Geschichten aus unseren Ländern

Wir sind seit vielen Jahren dabei im deutsch-israelischen Jugendaustausch. Wir, das ist das Pressenetzwerk für Jugendthemen e.V., ein Verein für Journalist/-innen, die sich mit Jugendthemen beschäftigen, und für Pressereferent/-innen in Jugendorganisationen. Und wir, das ist auch unsere Partnerorganisation in Haifa, das Rutenberg Institute for Youth Education. 

Was so ein Verein im Jugendaustausch zu tun hat? Wir gelten offiziell als Fachkräfte der Jugendhilfe und organisieren daher entsprechende Austausche. Wir eröffnen damit meist jungen Nachwuchsjournalist/-innen am Beginn ihrer Medienkarriere eine Informationsreise nach Israel. Das müsste ganz streng ausgelegt keine Aufgabe des Kinder- und Jugendplan des Bundes (KJP) sein. Aber wir haben in all den Jahren gelernt, dass unsere Programmteilnehmenden noch lange – sehr lange – von den Erfahrungen vor Ort zehren und rückblickend viele Beiträge zum Gelingen des KJP leisten.

Gut, die Sache mit dem dauerhaften Eindruck geht uns allen so, die wir irgendwann den Schritt ins Heilige Land unternehmen – etwas unsicher ob der unseligen Vergangenheit Deutschlands, teils etwas aufmüpfig, weil wir die israelische Politik gegenüber den Palästinenser/-innen „schwierig“ finden. Und dann kommen wir an, und alles ist anders. Die Israelis empfangen uns mit offenen Armen, man will uns eher die Lage erklären als die unfassbaren Wunden der Vergangenheit bearbeiten. Und doch ist es für uns und für unser Programm wichtig, dass wir immer wieder auch die zentrale Gedenkstätte Yad Vashem besuchen, dass wir mit Überlebenden der Shoa sprechen und die israelische Geschichtsschreibung mit der deutschen vergleichen. Die letzten Jahre mit ihren Gedenktagen haben uns mit den Austauschprogrammen viele Möglichkeiten gegeben, tief ins Thema einzutauchen.

Aber natürlich ist für uns als Journalist/-innen auch immer interessant zu sehen, wie die Kolleg/-innen in Israel arbeiten. Deshalb gehört für uns auch fast immer ein Besuch in den Radiosendern Galej Zahal und Galgalad zum Programm. Hier treffen wir auf ein Unikum, das für deutsche Verhältnisse undenkbar wäre: Junge Menschen absolvieren in Uniform und teilweise sogar bewaffnet ihren Wehrdienst als Moderator/-innen und als Producer/-innen von Radiosendungen. Wer hier nach einem langen und höchst anspruchsvollen Auswahlverfahren ans Mikrofon darf, zählt zur Crème und wird später mit Sicherheit einen Job in den israelischen Medien bekommen.

Womit wir auch beim Thema wären: Wie bringen wir Jugendthemen in die Medien? Eine enorm schwierige Frage, mit der auch in Deutschland die Pressereferent/-innen der Jugendorganisationen Tag für Tag kämpfen. In Israel ist das beinahe noch schwieriger, denn die desolate wirtschaftliche Lage des Landes, die immer mitschwingende Sorge um die Sicherheit und wenig rosige Perspektiven für junge Menschen in der Region dominieren das Nachrichtengeschäft. Wo bleiben da Berichte über das ehrenamtliche Engagement in der Kommune? Wie geht man mit Partizipation und dem Übergang Schule-Beruf um? Und berichtet überhaupt irgendein Medium über Umweltthemen? 

Es ist ein riesiges Glück für uns, dass fast immer der Chefredakteur der Tageszeitung Jedi‘ot Acharonot, Gad Lior, unsere Programmteilnehmer/-innen trifft und mit ihnen über Gott und die Welt, über israelische Politik und über Jugendthemen in den Medien spricht. Aber auch er bestätigt: Der Kampf der Jugend um einen Platz in der Gesellschaft ist so wichtig wie der ganz persönliche Beitrag junger Menschen im Kampf um Israel. Jugendthemen finden wir nur in reinen Jugendmedien – und natürlich bei Galej Zahal, wo die Redakteur/-innen mit ihren 18 oder 19 Jahren ja selbst eigentlich noch Jugendliche sind.

Und so ist es oft problematisch, gemeinsame Themen für die bilateralen Austauschprogramme zu finden. Aber wenn wir uns dann gegenseitig besuchen und in Berlin oder Haifa, Bonn oder Tel Aviv auf Spurensuche in den jeweiligen Jugendszenen gehen, dann merken wir: Bei allen Unterschiedlichkeiten unserer Kulturen und Lebensumstände haben wir doch auch so viele Gemeinsamkeiten. Jedes Gespräch bringt uns weiter und lässt uns aufhorchen und lachen und neue Pläne schmieden.  

Der deutsch-israelische Jugendaustausch erlebt in unseren Programmen eine ganz eigene Mischung aus Jugendbegegnung und Fachkräfteaustausch. Die Expert/-innen sind noch sehr jung, die Fragen schon sehr professionell. Und immer kommen wir mit vollen Notizbüchern und Aufnahmegeräten voller O-Töne zurück. Vieles aus der Berichterstattung unserer Länder über die Jugendszenen in Deutschland und in Israel stammt von Kolleg/-innen, die an unseren gegenseitigen Austauschprogrammen teilgenommen haben. ConAct gibt uns die Möglichkeit, Türen zu öffnen und Fragen zu stellen. Die Antworten finden sich in den Medien unserer Länder – und das oft noch ganz lange nach den Maßnahmen. Denn wie gesagt: Die Eindrücke bleiben lange haften, die Kontakte bilden inzwischen ein gutes Netzwerk aus Journalist/-innen, die unsere beiden Länder schätzen und immer wieder auch auf eigene Faust besuchen.

Wir dachten, dass irgendwann die Luft raus sein würde aus dem Austausch, dass wir uns alles erzählt und alles gezeigt haben. Aber weit gefehlt. Je länger wir gemeinsam mit unseren Freund/-innen in Israel arbeiten, desto mehr merken wir: Es gibt noch sehr, sehr viel zu lernen und zu besprechen.

Jörg Wild
Pressenetzwerk für Jugendthemen

19. November

5. Geschichte: Zwangsarbeiter/-innen bei Daimler in Stuttgart 

Eine kleine Geschichte mit offenem Ende vom Israelaustausch 2016 zwischen DGB-Jugend Baden-Württemberg und Histadrut/ NOAL:

Ende Juli 2016 kamen acht junge Israelis nach Baden-Württemberg, um das Bundesland, ein paar Leute, unsere Arbeitsbedingungen und unsere Erinnerungskultur an den Holocaust kennen zu lernen. Als Teil des Programms besuchte die Delegation das Ausbildungszentrum von Daimler im Werk Brühl in Stuttgart. Während wir vormittags noch darüber gesprochen hatten, was überhaupt eine duale Ausbildung ist und welche Ausbildungsbedingungen es bei Daimler gibt, lag am Nachmittag der Fokus auf der Unternehmensgeschichte.  

Es ist nicht unbekannt, dass das Unternehmen während der Zeit des Nationalsozialismus für die Nazis produzierte und davon im großen Stil profitiert hat. Spätestens durch den Stadtrundgang in Stuttgart war dieses Wissen auch bei der deutsch-israelischen Gruppe ganz aktuell. In Stuttgart gab es während des Holocaust viele Zwangsarbeiter/-innen. Eine sehr engagierte Betriebsrätin hat sich über Jahre intensiv mit dem Thema beschäftigt und viele Informationen über die Zwangsarbeiter/-innen bei Daimler – nicht nur in den Stuttgarter Werken – zusammengetragen. 

Ausgang ihrer Motivation ist ein Mahnmal, das an die Zwangsarbeiter/-innen im Werk Untertürkheim (auch in Stuttgart) erinnern soll. Dieses Mahnmal stand ursprünglich vor der Hauptverwaltung im Werk Untertürkheim, bis dieser Platz erneuert wurde. Für die Zeit der Bauarbeiten ist das Mahnmal auf eine Grünfläche versetzt worden, die sich hinter einem Bürogebäude in dem gleichen Werk befindet. Im hintersten Winkel des Daimler-Werksgeländes gerät das Mahnmal zunehmend in Vergessenheit. Hinzu kommt, dass Daimler aus Datenschutzgründen inzwischen von jedem Gast vorab Kontaktdaten braucht, damit diese das Betriebsgelände betreten können. Damit steht das Mahnmal an seiner aktuellen Position einer öffentlichen Gruppe wie unserer Israeldelegation nur mit großem Aufwand zur Verfügung. 

Die Betriebsrätin klärte die Gruppe ebenfalls darüber auf, dass es von seiten des Betriebsrats bereits eine Forderung gab, das Mahnmal an einer zentraleren Stelle, am besten an einem öffentlichen Ort wie zum Beispiel vor dem Mercedes-Benz-Museum zu platzieren. Diesem Wunsch ist der Vorstand bislang nicht nachgekommen. Obwohl die jungen israelischen Gewerkschafter/-innen eben noch von den vorbildlichen Ausbildungsbedingungen schwärmten, sind sie am Ende des Tages entrüstet über die Praktiken der Erinnerungskultur bei Daimler von Dannen gezogen. 

Am nächsten Tag stand ein Besuch bei der baden-württembergischen Landtagspräsidentin Muhterem Aras an. Im Laufe des Gesprächs mit ihr ergab sich die Gelegenheit, über den Besuch bei Daimler und über die unzufriedene Situation mit dem Mahnmal zu sprechen. Für die Landtagspräsidentin war diese Information neu und sie war genauso verärgert über den Zustand des Mahnmahls wie die jungen Leute. Noch während des Gesprächs versprach sie der Delegation, dass sie sich persönlich für eine bessere Positionierung des Mahnmals einsetzen und der Delegation gegenüber berichten werde, was daraus geworden ist. 

Noch ist es zu früh, um über weitere Entwicklungen in der Sache zu sprechen. Aber eines hat der Jugendaustausch ganz aktuell bewirkt: Die Erinnerung an die Zwangsarbeiter/-innen in Stuttgart ist wieder in den Gedanken von einigen Personen – sogar in der Landespolitik. 

Anja Lange
Deutscher Gewerkschaftsbund – Bezirk Baden-Württemberg

18. November

4. Geschichte: Gedankenreise

Hallo, mein Name ist Christopher und ich möchte euch vonmeinem persönlichen Eindruck erzählen, den ich bei meinem Besuch in Yad Vashem hatte. Ich war vor ziemlich genau einem Jahr während eines Jugendaustauschs dort und kann mich auch noch sehr gut daran erinnern. Doch ich fände es viel zu langweilig, euch einfach zu erzählen was ich gefühlt habe, stattdessen möchte ich euch auf eine Art Gedankenreise mitnehmen. Ich möchte euch genau den Ort beschreiben und euch durch die Gedenkstätte führen. Wer also selber fühlen möchte, was man dort erleben kann, der sollte mir im Kopf folgen. Vielleicht hilft auch das Augenschließen.

Nach langer Fahrt bist du angekommen. Du befindest dich in einer abgelegenen hügeligen Gegend. Wohin du auch schaust,siehst du grüne Wälder mit hohen Bäumen. Nachdem du ausgestiegen bist, befindest du dich auf einem großen Platz auf einem der vielen Hügel. Der Himmel ist strahlend blauund die Sonne gibt dir den Eindruck, es sei Sommer. Hier bist du nun mit deiner zusammen mit deiner Jugendgruppe. Deinedeutschen und israelischen Freund/-innen schauen sich genau wie du die schöne Landschaft an. Gemeinsam lauft ihr weiter und entdeckt ein Gebäude, was ganz und gar nicht in die Landschaft passt. Es sieht aus wie eine dreieckige Röhre,deren Betonfassaden oben nicht schließen, sondern einen Spalt freilassen.

Um hinein zu gehen, musst du über einen Holzsteg. Langsam läufst du auf die Öffnung in der Betonwand zu und betrittst das Gebäude. Du musst eine Treppe hinabsteigen und findest dich mit dem Rücken zur Wand am Beginn einer langen Rampe. Die schrägen Wände, die spitz hoch über deinem Kopf zusammenführen, beengen dich. Du siehst durch den freien Spalt den blauen Himmel, die einzige Lichtquelle. Es gibt noch ein zweites Licht, das dir entgegenstrahlt. Es befindet sich am Ende der Rampe. Es ist das Ende des Gebäudes. Du läufst also los, dem Licht entgegen, doch bald merkst du, du kannst nicht einfach geradeaus laufen. Der Weg ist versperrt. Du wirst gezwungen von dem Weg, der so einfach ausgesehen hat abzugehen. Du trittst aus dem Licht welches die ganze Zeit noch über dir war in einen abzweigenden Gang.

Hier wirst du konfrontiert mit den Geschehnissen des ZweitenWeltkrieges, des Dritten Reichs und der gesamtenJudenverfolgung: dem Holocaust. Du bekommst vor Augen geführt, was damals passiert ist. Während du dich diesen Fakten gegenüber siehst, erkennst du, dass sich der Weg aus diesem Gebäude als wesentlich länger entpuppt als du vermutet hast. Du läufst also weiter, musst aber immer wieder anhalten und die Fakten anschauen.

Du kommst zurück auf den ursprünglichen Weg, auf die Rampe. Wieder hast du den Himmelsstreifen über dir, der auf das große Licht am Ende der Rampe zu läuft. Ein weiteres Mal läufst du die Rampe hinauf, doch wieder triffst du auf ein unüberwindbares Hindernis, welches dich wieder vom Wegabzwingt in einen dunkleren Nebengang. Einmal mehr bekommst du das Leid in den KZs gezeigt und wieder erkennst du auf den Bildern und Ausstellungsstücken Menschen, die gezwungen werden, und andere, die zwingen.

In jedem Nebengang sticht dir das offensichtliche Leidentgegen und die Ungerechtigkeit dieser Zeit wird dir immer bewusster. Der so leicht geglaubte Weg wird zu einer Herausforderung. Jedes Mal wieder wirst du durch dieGeschichte geführt und jedes Mal wieder setzt du dir das Ziel,endlich am Licht heraus zu treten. Doch du kommst wieder nicht direkt ans Ende, du wirst in eine große Halle geführt. Wie eine Kugel umgibt dich dieser Raum. Er ist erhellt von dem Licht, welches aus dem obersten Punkt der Kuppel über euch eindringt. An ihr hängen zahlreiche Bilder von Menschen. Es sind die Gesichter von in KZs getöteten Jüdinnen und Juden. Dein Blick fällt nun auf die Wände und du erkennst, dass sie aus Regalen gebildet werden. Dubemerkst, dass in diesen riesigen Regalen unzählige Ordner stehen. Ordner mit Namenslisten. Es sind die Namen aller bekannten Toten in KZs, aufgelistet auf abertausenden Seiten in hunderten Ordnern. Es ist die Halle der Namen. Dennoch sind weit mehr Leute umgekommen, als man hier nachlesenkann. Es sind die Namen aller bekannten Toten.

Doch nachdem du über die Brücke in der Kugel gelaufen bist und die Halle der Namen hinter dir lässt, trittst du ins Licht. An eine wunderschöne Panoramaaussicht. Du siehst die grün bewaldeten Hügel und die Natur rings um dich herum. Die Betonwände, die dich seit Beginn des Ganges durch das Museum eingeengt haben, dich bedrängt haben, öffnen sich hier nach außen und geben die wunderschöne Landschaft frei.Hier stehst du also, frei, und atmest die warme Luft, fühlst den Wind und genießt das Panorama, das sich dir zu Füßen befindet. In dir herrscht ein großer Kontrast: zwischen dem Ausmaß des Holocausts, dem Leid, Tod und Schrecken des Dritten Reiches, und auf der anderen Seite dieser wunderschönen, scheinbar unberührten Gegend. Du erinnerst dich, in welchem Land du dich befindest: Israel.

Jetzt findest du auch deine Freund/-innen wieder. Sie kommen auf dich zu und reden mit dir. Du merkst jetzt, wie alleine du warst bei deinem langen Anstieg ans Licht. Sie kommen auf dich zu und fragen dich, wie es war, bieten dir etwas von ihren Süßigkeiten an, fragen dich, ob du was zu trinken hast, oder ob du mitkommst etwas essen. Es sind nicht nur deine Freund/-innen aus Deutschland, sondern auch deine neuen Freund/-innen aus Israel. Deine Freund/-innen, die du wohl nie vergessen wirst, deine Freund/-innen, die auch ganz anders auf dich gestimmt sein könnten. Doch genau das, diese Freundschaft und Verbundenheit, die durch gemeinsame Erfahrungen entstand, wird es unmöglich machen, dass das,was dir eben gerade vorgeführt wurde, aber für dich nie vollständig greifbar wird, ein weiteres Mal geschieht! Dass deine israelischen Freund/-innen auf dich zukommen und dich auch als Freund empfangen – das ist es, was dich so nachdenklich aber auch glücklich stimmt.

Christopher
Jugendrotkreuz Darmstadt

17. November

3. Geschichte: Drusen?

Vor vier Wochen wusste ich noch nicht, was Drusen sind, und nun habe ich schon von ihren Tabletts gegessen. Und wie! Ganz ohne Fleisch – Gemüse mit orientalischen Gewürzen. Das Brot hauch­dünn, zwischen drei Fingern zum Greifen der eigentlichen Speise. Und wie lecker diese Fladen sind. Zusätzlich sind sie äußerst praktisch: Nach dem Essen dienen sie als Serviette – äußerst saugfähig wischen sie prima Mund und Umgebung sowie die Finger ab.

Vorher hatte es eine Lektion von einem jungen Drusen über die Dru­sen an sich gegeben: frühe Abspaltung vom Islam, Geheimreligion, Elemente des Ju­dentums, Islam und Christentums. Loyal gegenüber dem Staat, streng und gnadenlos gegenüber Abtrünnigen aus den eigenen Reihen.

Hinterher gab es bärenstarken Kaffee aus dem Fingerhut oder wahl­weise schwarzen Tee mit „Nana“ (Minze) zum sehr süßen Kuchen. Und für unsere israelischen Partner/-innen war das Ganze offensicht­lich genauso abenteuerlich wie für uns. Sie haben zusammen mit uns ihre eigenen Nach­bar/-innen, die Drusen, kennengelernt.

Andrea Felsch
Deutsch-Israelische Gesellschaft, Arbeitsgemeinschaft Ostfriesland

16. November

2. Geschichte: Die Ringparabel von Altona

In der Herren-D-Jugend unseres Fußballvereins Altona 93 spielen Christen, Juden, Muslime und konfessionslose Menschen. Eigentlich war das noch nie ein Thema. Wenn diese Mannschaft aber in die Heimat der drei monotheistischen Religionen nach Israel zu einer Jugendbegegnung reist, dann wird es ein Thema. 

Eine Woche lang besuchte unsere Mannschaft Anfang Mai als Teil eines Austausches mit Maccabi Haifa Israel. Einige der Jungen saßen zum ersten Mal in einem Flugzeug oderbesuchten gar zum ersten Mal ein anderes Land. Maccabi Haifa verfügt über die beste Jugendabteilung in Israel: Während das Profiteam nach erfolgreichen Jahren in derChampions League und Europa League aktuell nur noch im Mittelfeld der Liga landete, räumen die Jugendmannschaften unverändert regelmäßig die nationalen Titel ab. Nach unserem Austausch wissen wir nun auch warum: Aus dem ganzen Land werden Talente in den eigenen Fußballakademie zusammengeführt. Die Akademie liegt unweit des Stadions von Maccabi, direkt am Strand von Haifa. Unter dem Strich eine Jugendabteilung, von der sich mancher Hamburger Profiverein – und natürlich auch wir – etwas abgucken kann. 

Am Ende sind es immer die vermeintlich kleinen Dinge, die Eindruck hinterlassen: In der Anfangsaufstellung  von Maccabi Haifa gegen Altona 93 standen sechs Juden, vier Araber und ein Druse. Fußball überwindet Grenzen, manchmal auch im eigenen Land. Beim gemeinsamen Training mit unserer Mannschaft gerieten einmal zwei israelische Spieler aneinander. Die „Strafe“: gemeinsames Händchenhalten auf der Bank. J

Neben viel Fußball und den Begegnungen mit den Israelis haben die Altonaer das Land erkundet. An der Uni Haifa diskutierten sie mit Wissenschaftler/-innen, in Caesareabewunderten sie römische Ausgrabungen, und in Jerusalem – ganz passend zu unserer Gruppe – sprachen sie schließlich zur Freude aller mit dem aus einer Hamburger Familie stammenden Historiker und HSV-Fan Professor Mosche Zimmermann. Sportlich haben die Altonaer Jungen allerdings ihre Grenze gegen die Haifaer Jugendmannschaft erkennen müssen. Aber: Sie haben ein Tor geschossen und immer bis zum Ende vorbildlich gekämpft, trotz deutlicher Rückstände. Was bleibt, sind Eindrücke und Erfahrungen für das ganze Leben und die Begegnung mit den jungen israelischen Sportler/-innen.

Dr. Albrecht Gundermann
Altonaer Fußballclub von 1893 e.V.

15. November

1. Geschichte: Als Gastfamilie im Dauereinsatz

Am 14. September 1992 wurde der Grundstein für die offizielle Partnerschaft zwischen dem Landkreis Haßberge und der israelischen Stadt Kiryat Motzkin mit der Unterzeichnung der Partnerschaftsurkunden gelegt. Die internationale Jugendbegegnung ist ein ganz besonderer Teil dieser Partnerschaft. Jährlich im Wechsel finden eine In- und eine Out-Begegnung statt.

Im Jahr 2004 veröffentlichte der Kreisjugendpfleger des Landkreises Haßberge einen Aufruf in der Presse. Er suchte nach Gastfamilien für die israelische Jugendlichen, die im Rahmen des Austauschs unseren Landkreis besuchten. Da unsere Familie seit vielen Jahren bereits jugendliche Gastschüler/-innen aus aller Herren Länder aufgenommen hatte, wollten wir nun unbedingt auch einmal Gastschüler/-innen aus Israel in unserem Haus beherbergen. Wir bewarben uns also als Gastfamilie.

Im Sommer besuchte uns dann die Jugendfolkloregruppe „Kova Temble“. Wir hatten zwei junge Männer der Gruppe zu Gast. Im Rahmen des Austauschprogramms wurde der Abschluss der Restaurierung der ehemaligen Synagoge in Memmelsdorf mit einem Festakt gefeiert. Bei diesem Festakt traten unsere Gäste aus Israel auf. Es war ein sehr berührender und tief bewegender Moment. Bereits im Vorfeld des Besuchs hatten wir uns mit allen möglichen Themen beschäftigt, um unseren Gästen gerecht zu werden. Natürlich waren wir sehr gespannt, als sie dann eintrafen. Eigentlich hatten wir mit sehr konservativen und zurückhaltenden Jugendlichen gerechnet. Aber weit gefehlt! Die Jugendlichen waren offen, fröhlich und immer in Aktion. Sie wollten am liebsten alles sehen und erleben. Zur Zeit des Besuchs fand gerade in Sand am Main das bei uns in der Gegend sehr bekannte und beliebte Weinfest statt. Das wollten unsere Gäste unbedingt besuchen. Das Wetter war leider nicht so berauschend, es war kalt und regnete. Aber meine beiden Gäste wollten unbedingt Flip-Flops tragen. Auch der verzweifelte Hinweis, dass das Gelände matschig sei und sie mit Sicherheit frieren würden, hat nichts genutzt. Gefallen hat es ihnen trotzdem.

Seit diesem Zeitpunkt ist bei uns der „Israel-Virus“ ausgebrochen. Wir waren ununterbrochen als Gastfamilien im Einsatz, unsere Kinder haben Kiryat Motzkin mehrfach besucht. Nicht nur Jugendliche, sondern auch Betreuer/-innen, Lehrer/-innen oder Leiter/-innen waren seitdem bei uns zu Gast. Seit einigen Jahren gehöre ich nun dem Vorstand des Kreisjugendrings Haßberge an und habe natürlich sehr gerne das Ressort „Internationale Jugendbegegnung“ übernommen. Ich hatte das große Glück, bereits mehrfach als Betreuerin die Jugendbegegnung nach Kiryat Motzkin begleiten zu dürfen. Wie unsere Jugendlichen bin auch ich dann in Gastfamilien untergebracht. Dies ist etwas ganz besonderes. Man darf teilhaben am Familienleben und wunderbare Erfahrungen sammeln.

Im Laufe der inzwischen zwölf Jahre unserer Beteiligung an den Austauschen sind viele Freundschaften entstanden – wunderbare Begegnung mit ganz besonderen Menschen und Erfahrungen, die wir nicht missen möchten. Die Vorfreude auf jede neue Jugendbegegnung ist riesig groß. Wir erwarten unsere Austauschpartner im Juli 2017.

Susanne Makowski
Kreisjugendring Haßberge

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